Ganz in Schwarz, viel Leder und klobige Stiefel: Den Stil der Hauptfigur Lisbeth Salander aus dem neuen Film «The Girl with the Dragon Tattoo» findet man momentan vielerorts. In unserer neuen Serie «Movie Style» zeigen wir, was es mit der modischen Faszination von Outfits aus Filmen auf sich hat.
Ganz in Schwarz, viel Leder und klobige Stiefel: Den Stil der Hauptfigur Lisbeth Salander aus dem neuen Film «The Girl with the Dragon Tattoo» findet man momentan vielerorts. Was es mit der modischen Faszination von Outfits aus Filmen auf sich hat, verrät Ihnen Film-Spezialistin Claudia Müller.
Lisbeth Salander trinkt Espresso auf der Piazza de Ferrari. Wild gestikulierend steht sie an der Ecke zur Via XX Settembre. Und da schon wieder – in den Vicoli, den schmalsten Gässchen der grössten Altstadt Europas, verschwindet sie mit ihrer Kapuze in das nächste Seitensträsschen. Lisbeth Salander in der Hafenstadt Genua. Ist sie das wirklich, oder bin ich jetzt schon völlig larssonisiert, dass ich mir einbilde, die Hauptdarstellerin aus dem neuen Film «The Girl with the Dragon Tattoo» zu sehen?
Filmfiguren und der Sprung in die reale Welt
Manchmal passiert es. Da schaffen Filmfiguren – oder nur eines ihrer Kleidungsstücke – den Sprung in die reale Welt. Wie zum Beispiel im Film «Breakfast at Tiffany», wo Audrey Hepburn alias Holly Golightly das massgeschneiderte schwarze Kleid von Givenchy anhat und sowohl Schauspielerin als auch Kleidungsstück über Nacht zum Star wurden.
Eine junge Frau, die sich durch ihre äusserliche Verwandlung in die High Society katapultiert – die Cinderella-Geschichte, die in «Breakfast at Tiffany» verpackt ist, könnte auf Audrey Hepburn nicht besser zugeschnitten sein. Sie, die selbst in den Fünfziger- und Sechzigerjahren durch ihr Gespür für Stil und Eleganz zum Star avancierte, ist die ideale Besetzung für die Rolle der Holly. Und dann war da noch Hubert de Givenchy. Freund und Designer von Audrey Hepburn, der für den Film den perfekten Fit kreierte. Die Verschmelzung zwischen Körper und Kleidung, Audrey und Holly, Realität und Fiktion gelingt wie nur selten.
Warum aber genau das kleine Schwarze zum Star der Audrey-Holly-Garderobe geworden ist, darüber kann nur spekuliert werden. Denn neu war das kleine Schwarze ja nicht, wird doch Coco Chanel normalerweise mit der Kreation des Klassikers in einem Atemzug genannt. Meistens ist es eine Kombination aus Schauspieler, Kostümdesigner und Publikum, die der Filmfigur zum Sprung in die reale Welt verhilft. Und natürlich auch die Medien, die für die Masse schon vorab eine Selektion treffen, welche schliesslich an das Publikum herangetragen wird.
Audrey und Lisbeth
Während also Audrey Hepburn alias Holly ganz in der Art von Filmen wie «Pretty Woman» den Cinderella-Traum perfekt auf der Leinwand verkörpert, ist Lisbeth mit ihrem düsteren Achtziger-Neo-Punk-Look die Anti-Cinderella schlechthin. Sie möchte sich von der Gesellschaft abgrenzen, ist eine Aussenseiterin, verhüllt und schützt sich mit ihrer schwarzen Kleidung. Holly und Lisbeth, beide in Schwarz, beides Frauenfiguren im Film, die mit ihrem besonderen Typus Träume und Sehnsüchte auf der Leinwand Wirklichkeit werden lassen.
Und manchmal, da passiert es eben. Da scheint eine Kultur nur so auf einen Look gewartet zu haben. In der Hafenstadt Genua, wo Frauen meist langhaarig und uniformiert mit Deuxpièces durch die Strassen gehen, da fällt eine kurzhaarige Lisbeth mit engen schwarzen Jeans, der Lederjacke und Metall im Gesicht eben auf. Die Anti-Cinderella aus dem Norden – ich bin mir sicher, sie steht jetzt gerade an einer Ecke und stürzt unter der Kapuze versteckt ihren dritten Espresso hinunter.
Fazit: Ich langweile Sie nicht mit Urteilen, welche die beiden Verfilmungen betreffen. Larssonisiert oder nicht – der Look der Anti-Cinderella allein ist einen Filmbesuch wert.
The Girl with the Dragon Tattoo, David Fincher, USA, 2011, 158 Minuten
Kostüm-Designerin: Trish Summerville
Den Look von Lisbeth Salander aus «The Girl with the Dragon Tattoo» zum Nachshoppen: Hier gehts zum Shop.
Übrigens: Der Look von Holly Golightly aus «Breakfast at Tiffany» ist uns an dieser Stelle bald auch einen Movie Style wert.