Werbung
Country-Musik – These Boots are made for Dancing!

Kultur

Country-Musik – These Boots are made for Dancing!

  • Text: Susanne LoackerFoto: SXU

Es ist Zeit, den Staub von den Stiefeln zu klopfen, schreibt Country-Fan Susanne Loacker *. Im Zürcher Schützenhaus Albisgüetli hats heuer echte Knaller.

In den späten Achtzigern und frühen Neunzigern schossen Countryfestivals in der Schweiz praktisch über Nacht aus dem Boden. Jedes Dorf bemühte sich um einen Western-Anlass, selbst Gewerbemessen und Grümpelturniere konnten nicht mehr ohne. Damals rauchten Colts und Cowboys noch schamlos. Marlboro-Plakate suggerierten einen Traum von Freiheit und Abenteuer.
An den Wochenenden montierten Fans des harten Westernlebens Stiefel und Stetson, und nicht selten kam es vor, dass einer, falls die Feuerpolizei nicht rechtzeitig vor Ort war, mit seinem Vorderlader ins Dach einer Mehrzweckhalle ballerte. Es waren goldene Zeiten für jemanden wie mich, Gitarristin aus Leidenschaft, fernwehkrank und anglophil. Ich reiste erstmals nach Texas, fegte über die sägemehlbestäubten Tanzflächen der Honkytonks, frohlockte, dass es endlich auch in der Schweiz wenigstens ein bisschen hip wurde, alle Alben von Johnny Cash zu besitzen, nachdem ich meine ganze Schulzeit lang dafür gehänselt worden war. Inzwischen gibt es hierzulande kaum mehr Western-Enklaven, Country befindet sich seit Jahren in einer Baisse. Viele der grossen Events, wie das Singer-Songwriter-Festival Frutigen, an dem die Musik mehr zählte als die Maskerade, leben nicht mehr.

Anders das Festival im Albisgüetli: In zwei Jahren werde ich mit leisem Stolz behaupten können, ich käme jetzt seit dreissig Jahren hierher, mal öfter, mal weniger oft, mal in Stiefeln, mal in Nikes. Denn hier sehe ich viele alte Freunde wieder: den eklektischen Schallplattenhändler George Tanner, die katzenmalende Sängerin Suzanne Klee und den Mann mit der schärfsten Radiostimme aller Zeiten, Christoph Schwegler. Hier ist das Publikum nicht so parteiisch wie bei anderen Grossanlässen des Hauses. In manchen Musikern lebt die alte Frontier- und Farmerwelt weiter, manche geben sich treu ihrer lyrischromantischen Ader hin, wiederum andere engagieren sich als sozialkritische Singer-Songwriter am linken Rand der Gesellschaft. Das ist die Ecke, in der ich mich immer am wohlsten gefühlt habe.

38 Konzerte stehen heuer zur Auswahl, Schweizer Bands, europäische Acts und Gäste aus Amerika, und das während sechs Wochen. Ein Zeichen, dass der Schweizer Country seine Fans trotz Baisse bis heute bei der Stange hält. Und es könnte noch besser kommen: Denn in den USA ist der Country zumindest in seiner familientauglichen Ausprägung im Aufwind. Die Band Lady Antebellum holte sich dieses Jahr fünf Grammys und stach damit Lady Gaga und Justin Bieber aus. In der Folge davon scheinen auch die Veranstalter in Europa mutiger zu werden: So kommt etwa im März die seit den frühen Neunzigern totgesagte Mervyn-Conn-Tournee wieder in die Schweiz. Falls all diese Signale nicht trügen, sondern auf ein nachhaltiges Revival hindeuten, wäre das Festival im Albisgüetli unter der Regie von Albi Matter mehr als nur ein Traditionsanlass: Es wäre ein echter Trendsetter. Keine schlechte Leistung.

28. Internationales Country Music Festival

Schützenhaus Albisgüetli, Zürich
vom 27. Januar bis 18. März
www.albisguetli.ch
Reservationen Tel. 043 333 30 00

Tipps

  • Two Tons of Steel: Tanzbarer Rockabilly aus San Antonio, Texas. Viel Drive, viel Humor, viel Show. Freitag 3. 2., Samstag 4. 2.
  • Angy Burri & The Apaches: Ein Innerschweizer Original. Auch in fortgeschrittenem Alter gibt der Luzerner den perfekten Indianer, Make-up inklusive. Samstag 11. 2.
  • Truck Stop: Seit bald vierzig Jahren existiert die Hamburger Band, die auch auf Deutsch singt. Viel Westernkitsch, aber auch Zeitgemässes, musikalisch kompetent. Mittwoch 29. 2.
  • Albert Lee: Der britische Gitarrist hat mit allen Grossen gespielt und ist mit seiner eigenen Band unaufgeregt hörenswert. Im Vorprogramm tritt der Schweizer Richard Koechli auf, der vermutlich beste Slidegitarrist des Landes. Auch für Blues-Fans. Donnerstag 15. 3.

 

Country Alternativen


Rita Hey

Jeden Samstag im Februar, La Catrina, Zürich
www.ritahey.ch

The Secret Sisters
2.2., Rote Fabrik, Zürich
www.thesecretsisterband.com

Wilco
7.3., Volkshaus, Zürich
www.wilcoworld.net

* Susanne Loacker (41) ist Redaktorin beim «Beobachter» und war früher bei der Musikzeitschrift «Loop» und beim «Züritipp»