Bruce Springsteen kommt zu Besuch in die Schweiz. Alles, was Sie über den Boss wissen müssen – von annabelle-Musikredaktor Frank Heer.
Bruce Springsteen kommt zu Besuch in die Schweiz. Alles, was Sie über den Boss wissen müssen – von annabelle-Musikredaktor Frank Heer.
«Es gab zwei Dinge in unserem Haus», sagt Bruce Springsteen (62), «die mein Vater nicht mochte: mich und meine Gitarre.» 1974 schrieb der Musikkritiker Jon Landau: «Ich habe die Zukunft des Rock’n’Roll gesehen. Sie heisst Bruce Springsteen.»
Die Prognose war gewagt, denn sie roch – zu einer Zeit, als David Bowie gerade in Pumps und Röcke schlüpfte – nach Schweiss und Dosenbier. Trotzdem kam der zornige Junge aus New Jersey gerade richtig, wie er mit hochgekrempelten Jeanshemdsärmeln «Der Highway ist verstopft mit gebrochenen Helden» ins Mikrofon donnerte. Springsteen borgte der Vorstadtjugend seine Stimme. 1975 schaffte er mit «Born to Run» den Durchbruch.
Stimmt, Springsteen ist nicht Dylan. Politisch links, faszinierte seine Heimatliebe und Wagenheber-Aura immer auch die Konservativen. Als Reagan 1984 mit «Born in the U. S. A.» seinen Wahlkampf aufheizen wollte, erteilte ihm der Boss eine Abfuhr: Der Song sei ein Lied gegen den Krieg. Zugegeben, darauf lässt das Plattencover nicht schliessen: eine Nahaufnahme von Springsteens Hintern vor amerikanischer Flagge. Jedenfalls: Reagan fand am Ende einen Verbündeten mit noch mehr Muskeln: Sylvester Stallone.
Den eigenen Stiernacken trainierte sich Springsteen im Lauf der Achtziger im Fitnessclub seiner ersten Frau, des Fotomodells Julianne Phillips, an. Seit 1991 ist er mit der Sängerin Patti Scialfa (58) verheiratet, die auch in der E Street Band ihres Gatten singt und mit der er drei Kinder hat.
Dürfen Feministinnen Springsteen mögen? Die US-Journalistin Sarah Jaffe brach in ihrem Blog eine Lanze für den Boss. Unter dem Titel «Why feminists love Bruce» schrieb sie: «Ich mag die Frauen in seinen Songs. Echte Frauen, in denen ich mich wiedererkenne.»
Sehnsuchtsträger Nummer 1 in Springsteens Songs bleibt das Auto. «Alles, was ich in Sachen Erlösung zu bieten habe», raunt er 1978 in «Thunder Road», «liegt unter dieser dreckigen Motorhaube. Was bleibt uns, als das Fenster herunterzukurbeln und uns den Wind durchs Haar fegen zu lassen?» Männerkitsch? Schon möglich, aber so hinreissend ölverschmiert, dass sich Lady Gaga den Song bei ihrer Geburtstagsfete vom DJ wünschte.
Polo Hofer neulich: «In Amerika wär ich Bruce Springsteen.» Hm. Heisst das, wenn Springsteen Schweizer wäre, dann wäre er Polo Hofer?
2008 stürzte sich Bruce Springsteen in den Wahlkampf für Barack Obama. Danach war für den Präsidenten klar: «I’m the president, but he’s the boss.»
Doch der Boss wäre nicht der Boss, spielte er nicht mit der immer gleichen Band, die ihn so nennt, weil er angeblich die Gagen noch immer bar auszahlt: die E Street Band. Es gibt Menschen, die bei diesem Ungetüm mit seinen peitschenden Saxofonsalven das Weite suchen. Bei der Sorte Fans stehen meist nur zwei Boss-Alben im Regal: «Nebraska» und «The Ghost of Tom Joad», beide frei von hervorquellenden Halsschlagadern und Highway-Ekstase.
Apropos Ekstase: Die erreicht Springsteen auch nüchtern. Sein Vater war Alkoholiker, Bruce trinkt höchstens mal ein Gläschen Bier. Das mache ihn dann etwas albern, wie Freunde wissen.
Wie es sich anfühlt, Bruce Springsteen zu sein? Der Journalist Albert Kuhn weiss es: «Sie lockern Ihre Kiefer und schieben die unteren Zähne nach vorn, bis die Spannung zunimmt. Nun spüren Sie etwas Trotziges, Männliches, Verwegenes. Wenn Sie noch Liebeskummer haben, sich eine Gitarre umhängen und breitbeinig in Jeans dastehen, dann, ja dann erhalten Sie eine Ahnung davon, wie es ist, Bruce Springsteen zu sein.»
Bruce Springsteens Single «Rocky Ground» aus dem aktuellen Album «Wrecking Ball»:
LIVE: 9. 7. im Letzigrundstadion, Zürich. Springsteen-Konzerte sind wie Gottesdienste und dauern bis zum Umfallen. Tickets können Sie hier gewinnen!
CD: Seine neue Platte heisst «Wrecking Ball» und gefällt sogar unserer jüngsten Praktikantin