Popkultur
8 Erkenntnisse, die ich beim Konzert von Taylor Swift in Zürich hatte
- Text: Vanja Kadic
- Bild: Dukas
Als Swiftie-Neuling gibt es einiges zu lernen, wenn man zum ersten Mal ein «Eras Tour»-Konzert von Taylor Swift besucht. Co-Leiterin Digital Vanja Kadic über die emotionale Show des Jahres im Zürcher Letzigrund Stadion.
Diese Frau ist eine Wucht
Bei Taylor sitzt wirklich jeder einzelne Move: Rund 48’000 Menschen dirigiert sie mit einer einzelnen Handbewegung – wie macht sie das bloss? Als Performerin haute sie mich um, nicht zuletzt mit ihrer Bühnenpräsenz und ihrem Charme. Im Letzigrund reichte ein simples «Grüezi», um das Publikum in Jubel ausbrechen zu lassen. Obwohl in der streng durchgetakteten Show und bei ihrem superpolierten Auftreten nicht viel Platz für spontane Bühnenmomente oder Überraschungen bleibt, zeigte sie immer mal wieder subtil Witz. Etwa im Sprech-Teil von «We Are Never Ever Getting Back Together», als ihr Tänzer «Verreis!» ins Mikro rief. Und: Ich habe einmal mehr gemerkt, wie begnadet sie als Songwriterin ist. Ich meine: «Don’t call me kid / Don’t call me baby / Look at this godforsaken mess that you made me / You showed me colors you know I can’t see with anyone else» – so gut!
In der Swifties-Welt ist es wohlig warm
Es gab einige Szenen, die mich während der Show berührten – viele davon spielten sich im Publikum oder vor dem Stadion ab, weil Swift-Fans einfach so liebevoll miteinander umgehen und sich so ehrlich über das Konzert freuten. Man gab sich gegenseitig Komplimente fürs Outfit, machte Fotos füreinander, sang gemeinsam mit Inbrunst Hymnen wie «Cruel Summer». Ich sah Väter mit Glitzer auf der Wange, strahlende Freund:innen-Gruppen, die sich mit anderen Fans austauschten und viele mühevoll und mit Liebe gestylte oder selbst gebastelte Looks. Am ersten Konzertabend im Letzigrund gab es gar einen Heiratsantrag, als Taylor «Love Story» spielte. Sprich: Unter den Swifties gibt es ganz viel Liebe und in diese heile, bunte Welt einzutauchen, war richtig herzerwärmend.
Man weint die eine oder andere Träne. Vielleicht auch viele
Wo wir gerade bei rührenden Szenen sind: Die waren schuld daran, dass ich im Letzi ein Tränenmeer zurückliess. Schon als Taylor nach dem Countdown endlich zu sehen war, war ich kurz überwältigt (es gibt doch keinen magischeren Moment, als wenn Künstler:innen die Bühne betreten, oder?) und richtig vorbei war es für mich bei «Lover». Aber auch, als Taylor einem sehr herzigen Mini-Fan im Publikum beim Song «22» traditionsgemäss ihren Hut schenkte. Oder als alle ihre Handy-Lichter bei «Marjorie» anknipsten, dem Song, den Taylor ihrer verstorbenen Grossmutter widmet (man hört sie im Lied auch singen!), heulte ich mir mein glitzerndes Augen-Make-up weg.
Es gibt nicht zu viel Glitzer – nur zu wenig
Bunte und schimmernde Looks, Fransen, Pailletten und alles, was Spass macht: An der Eras Tour gibts richtig viel zu glotzen und bewundern. Das Letzi-Stadion glänzte in allen Farben des Regenbogens! Ich freute mich schon tagsüber an den beiden Konzerttagen immer, wenn ich von weitem glitzernde Swifties an Tramhaltestellen oder auf der Strasse entdeckte. Meinen Plan, im Basic Outfit zu erscheinen, verwarf ich deshalb auch am Vorabend der Show und googelte panisch Pinterest-Boards, um zu ermitteln, welche «Era» mir am ehesten entspricht. Mein Fazit: Ich trug im Vergleich definitiv zu wenig Glitzer und Fransen, bin aber froh, dass ich mir im letzten Moment noch Glitzersterne aus dem Bastelladen ins Gesicht geklebt habe.
46 Songs sind acht zu viel
Ganze 18 Jahre an Musikkarriere deckt die Eras Tour ab – insgesamt 46 Songs spielt Taylor Swift in mehr als drei Stunden pro Show. Ich musste übrigens immer mal wieder auf dem Setlist-Screenshot auf meinem Handy spicken – ein Swiftie sagte mir nämlich, dass es ein No-Go ist, am Konzert Songs per Shazam zu suchen. Dank Spicken kann ich euch also genau sagen, wann meine Kraftreserven am Ende waren: Ab Song 38 fühlte ich mich wie ein alter Shrimp. Als Taylor also den ersten von zwei Überraschungssongs – ein Mash-up aus «Closure» und «A Perfectly Good Heart» – spielte, dachte ich nur ächzend und mit Bewunderung an alle im Publikum, die Cowboy Boots oder andere unbequeme hohe Schuhe trugen und fragte mich in meinen vergleichsweise komfortablen Mules, wie es ihnen wohl gerade geht. Meine geschundenen Füsse und ich hatten genug und ich träumte von einer eiskalten Cola. Und einer Sitzmöglichkeit.
Selbst Hass-Songs werden an der Eras Tour zum Banger
Es gibt Swift-Songs, die ich innig liebe, manche, die ich mag und manche, die ich wirklich nicht ausstehen kann. Die Stimmung im Letzi war aber besonders bei diesen – den bekannteren Hits wie «Shake It Off» oder «Style» – am besten. Unmöglich, da nicht mitzumachen und sich ehrlich zu amüsieren!
Die Swiftie-Insider-Momente muss man nicht verstehen – aber es lohnt sich
Zum Glück war ich mit einem Hardcore-Swiftie unterwegs, die mich vor der Show sorgfältig und mit viel Geduld zu den gut etablierten Konzerttraditionen briefte: Zum Beispiel, wann das Publikum beim Song «Delicate» «1, 2, 3, Let’s Go, Bitch» schreien muss. Oder an welcher Stelle man bei «Bad Blood» ruft: «You forgive, you forget, but you never let it go!» Merken konnte ich mir nur einen Bruchteil, was auch nicht weiter schlimm war. Die Devise: Alles geht, nichts muss. Aber diese kleinen Konzerttraditionen wie die selbstgeknüpften Freundschaftsbändeli aus Plastikperlen, auf denen Songtitel oder Insider-Sprüche aus dem Swift-Universum stehen, schaffen ein Gefühl von Gemeinschaft – und das war richtig süss.
Die Post-Konzert-Amnesie ist real
Und dann war auch schon wieder schnell alles vorbei. Fans klagen nach Taylors Konzerten immer wieder darüber, sich an nichts mehr davon erinnern zu können. Laut «Time» tritt dieses Phänomen nicht nur bei Shows auf, sondern dann, wenn man sich in einem hochemotionalen Zustand befindet – so können sich einige Menschen beispielsweise nicht mehr an ihren Hochzeitstanz erinnern. Auch mich traf die After-Taylor-Leere direkt nach dem Konzert. Wow, was ist in den letzten drei Stunden passiert? Ein richtiges Feuerwerk an Emotionen, dachte ich, und schminkte zufrieden meine Glitzersterne ab.
Es ist erschreckend wie einfältig die Musik ist. Ich kann Taylor Swift nichts abgewinnen.Es wird zu viel Wirbel um diese Person gemacht, das ist aber vielleicht der Zeitgeist. Sie hat weder eine herausragende Stimme noch interessante Texte. Im Grunde ist sie konservativ und unfassbar langweilig. Allerdings ist sie geschäftlich sehr gut aufgestellt denn vermarkten kann sie sich ja gut.Aber nicht alles ist Geld. Man sieht ja wozu Musik und Geld führt zu langweiliger, belangloser Musik. Sie kann aber auch bestimmt ihren Namen tanzen.