Endlich sind die Kinos wieder offen – und unzählige tolle Filme sind angelaufen. Wir verraten, was ihr auf keinen Fall verpassen solltet.
«Drunk (Another Round)»
Regie: Thomas Vinterberg
Darum gehts: Vier befreundete Lehrer, darunter Hauptdarsteller Martin, gespielt von Mads Mikkelsen, starten ein Experiment: Wie lebt sich das Leben mit einem konstanten Alkoholpegel? Was wird easier, lustiger – und wo hört der Spass auf?
Die beste Szene: Der betrunkene Wohnzimmer-Dance der vier Männer zum Funk-Hit «Cissy Strut» von The Meters. Macht überhaupt irgendetwas glücklicher, als Menschen beim hemmungslosen Tanzen zuzuschauen?
Deshalb ist der Film so gut: «Drunk» ist eine dänische Produktion – davon profitiert das Drehbuch unheimlich. Schnell hätte der oscarprämierte Film in etwas viel zu Lautes, Plakatives abdriften können. Doch herausgekommen ist ein mehrheitlich leiser, zarter Film – mit feinem Humor und einem fantastischen Cast. Immer wieder lässt die Sozialsatire durchschimmern, wie verletzlich wir Menschen sind, und hält unserer alkoholliebenden Gesellschaft sehr smart den Spiegel vor. Es kann also gut sein, dass man beim nächsten Apéro kurz innehält und sich fragt: Was machen wir hier eigentlich schon wieder? Vielleicht geniesst man die Wirkung des Alkohols aber auch umso mehr. Denn «Drunk» erzählt von beidem: von der Schönheit und der Hässlichkeit des Rauschs.
–Tipp von Redaktorin Marie Hettich
«Von Fischen und Menschen»
Regie: Stefanie Klemm
Darum gehts: Die alleinerziehende Judith (Sarah Spale) betreibt in einem abgelegenen Jura-Tal eine kleine Forellenzucht. Hilfe bekommt sie dabei von ihrem neuen Mitarbeiter Gabriel (Matthias Britschgi), den auch ihre Tochter Milla bereits ins Herz geschlossen hat. Ein Schicksalsschlag verändert alles: Die kleine Milla stirbt, woraufhin Judith alles daran setzt, sich zu rächen.
Die stärkste Szene: Der zermürbende Moment im Spital, in dem die kleine Milla ums Überleben kämpft. Geht durch Mark und Bein.
Deshalb ist der Film so gut: «Von Fischen und Menschen» ist ein spannendes, starkes Drama aus der Schweiz, das vor allem durch das Talent von Hauptdarstellerin Sarah Spale besticht. Man leidet mit, wenn man der trauernden Judith beim Verzweifeln zusieht, weil die Polizei auf der Suche nach dem Schuldigen an Millas Tod im Dunkeln tappt. Wohin mit all der Wut und der Leere, wenn das eigene Kind stirbt? Die feinfühlig erzählte Geschichte hat ihre Makel, schafft es aber, zu berühren. Wer auf schwerere Kino-Kost steht, ist mit «Von Fischen und Menschen» gut beraten.
–Tipp von Redaktorin Vanja Kadic
«Run – Du kannst ihr nicht entkommen»
Regie: Aneesh Chaganty
Darum gehts: Die 17-jährige Chloe (Kiera Allen) sitzt im Rollstuhl und leidet von klein auf an verschiedenen Erkrankungen. Ihre Mutter Diane (Sarah Paulson) unterrichtet und pflegt sie zuhause. Plötzlich fragt sich Chloe, warum sie von ihrer Mutter dermassen strikt von der Aussenwelt abgeschirmt wird – und merkt, dass Diane ein düsteres Geheimnis verbirgt.
Die spannendste Szene: Als Chloe es mit Ach und Krach vom Kinobesuch mit ihrer Mutter in eine Apotheke schafft, um mehr über ihren Medikamentenkonsum herauszufinden. Nervenkitzel!
Deshalb ist der Film so gut: «Run» ist ein richtig aufregender, guter Psycho-Thriller. Oft ahnt man bei solchen Filmen schon früh, wie es ausgeht: In «Run» bleibt die Geschichte aber bis zum Schluss spannend – und das Ende tut richtig gut. Gefallen hat mir auch die Besetzung. Sarah Paulson («American Horror Story») spielt die Rolle der creepy Mutter fantastisch, und Newcomer-Schauspielerin Kiera Allen, die übrigens auch im echten Leben im Rollstuhl sitzt, ist als Chloe toll. Für alle, die gruslige Unterhaltung mögen.
–Tipp von Redaktorin Vanja Kadic
«Promising Young Woman»
Regie: Emerald Fennell
Darum gehts: Cassie besucht Woche für Woche einen Club, gibt vor, betrunken zu sein, und lässt sich von einem «Nice Guy», der sich um sie kümmern möchte, aus dem Club retten. Diese netten Jungs haben alle etwas gemeinsam: Sie wollen die Möglichkeit, eine schöne, betrunkene Frau an ihrer Seite zu haben, ausnutzen und so bugsieren sie die «betrunkene» Cassie nachhause. Während Cassie diesen netten Kerlen nach und nach eine Lektion erteilt, trifft sie auf eine Person aus ihrer Vergangenheit, die alte Wunden aufreisst – und so begibt sie sich auf eine persönliche Rache-Mission.
Die beste Szene: Davon gibt es so viele! Aber ich denke der Moment, in dem Cassie am Ende aus einem Auto steigt, verkleidet als crazy Krankenschwester, und im Hintergrund eine Geigenversion von Britney Spears’ «Toxic» läuft, hat bei mir am meisten für Gänsehaut gesorgt.
Deshalb ist der Film so gut:. Der Soundtrack ist grossartig, die Besetzung ebenso – Carey Mulligan spielt wirklich fantastisch und auch die «Nice Guys» sind perfekt ausgewählt. Fennell wählte nämlich bewusst Männer, die in anderen Produktionen super cute sind, wie etwa «Schmidt» aus «New Girl» (Max Greenfield) oder Seth Cohen aus «The O.C.» (Adam Brody). Da sind ausserdem die 90er-Referenzen (Stifflers Mom!), die sie ganz bewusst eingesetzt hat, um aufzuzeigen, dass wir noch vor nicht wenigen Jahren sehr ausgiebig über Rape-Culture-Humor gelacht haben. Sie schafft es, dem Publikum kollektiv das Gefühl zu vermitteln, dem so viele Opfer sexueller Gewalt ausgeliefert sind: Machtlosigkeit. Über das Ende könnte man streiten, finde ich, weil mir der Rechtsstaat zu gut wegkommt. Die Regisseurin wollte eigentlich – ich umschreibe es so lose wie möglich – bei der Feuerszene am Schluss aufhören. Doch das war den Studiobossen zu krass.
– Tipp von Stv. Chefredaktorin Kerstin Hasse