«Ich entschied mich ganz bewusst dafür, alleinerziehend zu sein»
- Text: Nathalie Wiederkehr; Bild: Unsplash Dieser Artikel ist in Zusammenarbeit mit kinderwunschinfo.ch entstanden.
In diesem Beitrag erzählt eine Frau, die sich bewusst für eine Solo-Mutterschaft entschieden hat, ihre Geschichte. Über ihren Weg, ihre Gedanken und ihre Zukunftsplanung berichtet sie an dieser Stelle selbst.
«Wenn ich mit meinem mittlerweile kugelrunden Bauch auf der Strasse Bekannte treffe, dann kommt sofort die Frage nach dem Vater auf. ‹Und der Papa – freut der sich auch schon auf den Nachwuchs?› Es ist in unserer Gesellschaft eine Selbstverständlichkeit, dass es zu einer schwangeren Frau auch immer einen Vater an ihrer Seite geben muss. Bei mir ist das anders. Ich gehe diesen Weg allein. Ohne Ehemann, Partner oder Freund. Ich habe mich ganz bewusst dafür entschieden, alleinerziehend zu sein.
Oftmals ernte ich Unverständnis für meine Entscheidung. Ich hätte doch schliesslich noch alle Zeit der Welt, einen passenden Mann zu finden. Ein Kind brauche Mutter und Vater, um glücklich zu sein. Warum ich denn meinem Kind ‹so etwas› antun wolle. Genauso viele Gründe und Argumente gibt es aber auch für meine Entscheidung. Zum einen habe ich aus meinen früheren Beziehungen gelernt, die geprägt waren von Lügen, massiver Verschuldung sowie physischen und psychischen Misshandlungen. Für mich habe ich den Schluss gezogen, dass ich ohne Beziehung glücklicher bin. Sich gegen eine Beziehung zu entscheiden, bedeutet aber nicht automatisch, keinen Kinderwunsch zu haben.
Im Jahr 2017 habe ich mir zum ersten Mal Gedanken darüber gemacht, wie ich auch ohne Partner ein Kind bekommen kann. Im Internet kam ich auf das Thema Samenspende und Insemination. Allerdings stand ich diesen Methoden zunächst noch skeptisch gegenüber.
Ich ging doch wieder eine Partnerschaft ein und wurde im September 2018 nach 3 Monaten Beziehung von meinem damaligen Partner schwanger. Sowohl ich als auch mein Partner waren sehr glücklich und wir freuten uns auf das Kind. Es war alles perfekt, bis ich nach 9 Wochen eine Fehlgeburt erlitt. Das war schon die zweite Fehlgeburt und ich war unglaublich schockiert und traurig. Durch einen starken Vertrauensbruch zerbrach auch diese Partnerschaft, was mich in dem Entschluss bestärkte, dass ich mir meinen Kinderwunsch allein erfüllen möchte.
Per Samenspende in der Schweiz Mutter zu werden, ist illegal
Das war der Zeitpunkt, an dem ich mich zum zweiten Mal und diesmal auch intensiver mit dem Thema beschäftigte. Im Zuge dessen stiess ich auf den IVF Coach Nathalie Wiederkehr, die Frauen ohne Vorurteile und Berührungsängste bei der Erfüllung ihres Kinderwunsches begleitet. Mir fiel positiv auf, dass Nathalie vor allem lesbische Frauen und Singles in der Erfüllung ihres Kinderwunsches bestärkte. Das war mir ganz besonders wichtig, denn per Samenspende in der Schweiz Mutter zu werden, ist illegal. Ich erhoffte mir also von ihr Ratschläge, wie ich mir trotzdem meinen Kinderwunsch erfüllen könnte.
Schon im ersten Gespräch schöpfte ich Mut und wurde von Natalie in meiner Entscheidung bestärkt. Mithilfe der Informationen aus dem Coaching entschied ich mich dazu, eine IVF-Behandlung mit Samenspende in Angriff zu nehmen. Ich war zu diesem Zeitpunkt 34 Jahre alt und traf für mich die richtige Entscheidung.
Mit dieser Stärkung im Rücken teilte ich meine Entscheidung meinem Umfeld mit. Es gab unterschiedliche Reaktionen. Einige akzeptierten sie, andere wollten mich überreden, doch noch auf ‹den richtigen Partner zu warten› . Durch die Fakten und Argumente, die ich von Nathalie an die Hand bekam, konnte ich diese Ansichten aber Schritt für Schritt verändern.
Ein emotionaler und psychisch oft aufwühlender Weg
Als ich mit der IVF Behandlung startete, standen am Ende all meine Freunde und die gesamte Familie hinter mir und meinem Entscheid. Ich wählte eine IVF-Klinik in Spanien. Es war ein emotionaler und psychisch oft aufwühlender Weg. Aber ich fühle mich stärker und geerdeter als je zuvor. Nathalie war während dieser Zeit eine wichtige Ansprechpartnerin, die mir mit Rat und Tat zur Seite stand. Durch sie kam ich auch mit anderen Frauen in Kontakt, die einen unerfüllten Kinderwunsch haben. Ich habe mich dadurch nicht mehr so allein gefühlt und konnte mich mit anderen Frauen austauschen, die den gleichen Weg gehen.
Heute bin ich schwanger, hochschwanger und stehe 5 Tage vor dem errechneten Termin. Bald lerne ich mein erstes Kind kennen. Die Vorfreude ist riesig, obwohl ich nervös bin, weil ich nicht weiss, was alles auf mich zukommt. Meine Entscheidung bereue ich nicht, denn ich weiss, dass ich das alles sehr gut auch oder eben genau weil ich keinen Partner habe, schaffen werde.»
Dieser Artikel ist in Zusammenarbeit mit kinderwunschinfo.ch entstanden.