Nivea – Ein globaler Siegeszug
- Text: Eveline Schaffner, Niklaus Müller
Am Anfang der Nivea-Erfolgsgeschichte standen drei Männer und eine Wasser-in-Öl-Emulsion.
Im Jahr 1890 kauft der Unternehmer Oscar Troplowitz das Laboratorium des Apothekers Paul C. Beiersdorf in Hamburg. Zusammen mit dem Forscher Isaac Lifschütz und dem Dermatologen Paul Gerson Unna widmet er sich der Erforschung und Herstellung neuer Produkte zur Hautpflege. Schnell erkennen die drei Männer das Potenzial des von ihnen entwickelten Eucerit: Dieser Emulgator macht es möglich, Wasser und Öl in einer stabilen Crème zu binden, und ist zunächst nur für den Gebrauch im medizinischen Bereich bestimmt. Troplowitz realisiert aber, dass die Wasser-in-Öl-Emulsion die perfekte Basis für eine kosmetische Hautcrème abgeben würde. So entsteht die erste Crème, die in die ganze Welt exportiert werden kann, ohne dabei an Qualität oder Konsistenz zu verlieren. Inspiriert von ihrer schneeweissen Farbe, nennt er sie Nivea – ein Name, der sich vom lateinischen Wort «niveus» (schneeweiss) herleitet.
Im Dezember 1911 kommt die erste Nivea-Crème auf den Markt. Die Inhaltsstoffe sind simpel: Glyzerin, Zitronensäure, bestimmte Anteile Wasser und Öl sowie Eucerit. Verpackt ist das innovative Produkt in einer zartgelben Dose mit Jugendstildekor. Bereits ein Jahr später hat Nivea Puder, Seife und ein Haarpflegeprodukt im Sortiment.
Schon 1914 werden die Nivea-Produkte nicht mehr nur in Hamburg produziert, sondern auch in Buenos Aires, Kopenhagen, Mexiko, Moskau, New York, Paris und Sydney.
Rund zehn Jahre später kommen eine Rasierseife für Männer und Pflegeprodukte für Kinder auf den Markt.
1925: Premiere für die Nivea-Dose im legendären Blau-weiss-Look.
Ab den Dreissigerjahren ist Nivea eine globale Marke und auf allen fünf Kontinenten erhältlich. Verschiedene Produkte wie der erste Nivea-Sonnenschutz Ultra-Öl oder Mittel zum Entfernen von Make-up kommen auf den Markt. Für das asiatische Schönheitsideal wird die Nivea-Whitepaste entwickelt, eine bleichende Crème für einen besonders hellen Teint. Und das erste Stylingprodukt wird lanciert: Nivea-Brillantine für glänzendes Haar.
Während des Zweiten Weltkriegs ist es in Deutschland verboten, Produkte mit Markennamen zu verkaufen oder für sie zu werben. Nivea heisst deshalb bis Kriegsende nur noch Haut-Creme. Der Krieg legt die Produktion in Europa lahm, da Inhaltsstoffe rationiert und Produktionsstätten zerstört werden. Erst nach dem Krieg sind wieder einige wenige Produkte erhältlich.
Anfang der Fünfzigerjahre wird der blaue Nivea-Ball offiziell als Werbemittel eingeführt. Der Ball avanciert schnell zum Lieblingsbegleiter in die Badi und für Ferien am Strand.
Zu Zeiten des Babybooms der späten Fünfziger- und frühen Sechzigerjahre entwickelt Nivea die Pflegeserie Babyfein, zum Schutz zarter Babyhaut.
1963 kommt mit Nivea-Milk, einer flüssigen Crème für den ganzen Körper, ein neuer Emulsionstyp auf den Markt, der die gesamte Hautpflege revolutioniert.
Ab den Siebzigerjahren wird die Nivea-Sonnenmilch mit standardisiertem Lichtschutzfaktor angeboten. Und für den Teil der Menschheit, der lieber duscht als badet, bietet Nivea ein Duschbad mit praktischer Aufhängeschleife an.
In der Sierra Guadarrame, einem beliebten Ausflugsziel in Spanien, wird 1970 zu Reklamezwecken eine Nivea-Dose aufgestellt, die so hoch ist wie ein vierstöckiges Wohnhaus und damit einen praktischen Nebeneffekt hat: Sie dient vielen Wanderern als Orientierungspunkt.
Anfang der Achtzigerjahre machen ein Gesichtswasser und eine Reinigungsmilch den Auftakt zur Nivea-Gesichtsreinigungslinie, die Nivea-Lotion kommt ebenso auf den Markt wie ein Aftershave-Balsam für die zunehmend pflegebedürftigen Männer. Und es gibt eine echte Innovation: Nivea entwickelt eine Flüssigseife und lanciert damit einen langfristigen Trend.
1983 fliegt Nivea ins All. Jeder Astronaut des Space Shuttle darf einen persönlichen Gegenstand mit ins Weltall nehmen. Einer entscheidet sich für die Nivea-Crème.
In den Neunzigerjahren erweitert sich das Nivea-Sortiment um Pflegeprodukte für den ganzen Körper: Das Nivea-Deo verspricht lang anhaltenden Schutz mit der für die Marke typischen milden Pflege, das Haarsortiment wird durch Stylingprodukte erweitert, Nivea-Lipcare macht das Küssen noch schöner, und die kleine Schwester der Nivea-Crème, Nivea-Soft, wird geboren und sorgt ab sofort für besonders leichte Hautpflege.
1993 ist die Marke auf dem Gipfel angelangt: Im Gepäck von mexikanischen Bergsteigern bezwingt Nivea den K2 im Himalaja.
1994 sorgt Nivea für Aufsehen mit einem selbstbewussten älteren grauhaarigen Model, das neu die Zielgruppe der über Fünfzigjährigen ansprechen soll.
1998 wird mit der Q10-Innovation ein neuer Standard in der Antifaltenpflege gesetzt. Der Erfolg ist überwältigend, Q10 wird zum Marktleader bei Antifaltenprodukten. Zusätzlich wird die Nivea-Handpflegeserie lanciert.
Die Nivea-Hautforschung betreibt seit 2004 neu im Beiersdorf-Hauptsitz in Hamburg eines der grössten Hautforschungszentren Europas. Wo vor hundert Jahren nur drei Männer forschten,
sind heute über 850 Wissenschafterinnen und Wissenschafter tätig.
Nivea goes green: 2011 wird die neue Serie Pure & Naturals mit natürlichen Wirkstoffen aus ökologischem Anbau lanciert.
Der heutige Absatz von Nivea-Produkten ist rekordverdächtig: Pro Jahr werden weltweit über 100 Millionen der blauen Dosen verkauft. In der Hamburger Zentrale entsteht die komplette Dosenproduktion für Europa. Täglich werden etwa 500 000 blaue Dosen gestanzt und 50 Tonnen Nivea-Crème abgefüllt.