Gesundheit
Wie ist es eigentlich, nach einem Schlaganfall ganz neu anzufangen?
- Text: Karin Hänzi
- Symbolbild: Stocksy
Julia Siegenthaler war 37 Jahre alt, als sie einen Schlaganfall erlitt. Hier berichtet sie von ihrem Weg in ein neues Leben.
«Ich hatte keine Ahnung, was da gerade geschah: Plötzlich verlor ich die Kontrolle über meinen Körper, sackte zu Boden, alles bewegte sich auf mich zu, Worte vernahm ich völlig verzerrt. Seltsamerweise verspürte ich keine Angst. Stattdessen war da ein allumfassendes Gefühl von tiefer Ruhe. Das änderte sich auch nicht, als ich auf der Notfallstation schliesslich die Diagnose erhielt: Schlaganfall.
Erst später wurde mir klar, dass dies mein erster Berührungspunkt mit etwas Grösserem gewesen war, mit einer universellen Kraft, von der ich bis dahin nichts gewusst hatte – es war der Beginn einer vollkommen neuen Ausrichtung meines Lebens.
«Ich musste viele Glaubenssätze überwinden»
Ursprünglich war ich Staatsanwältin. Ein Karriereziel, das ich bereits im Studium vor Augen gehabt hatte. Doch statt Begeisterung empfand ich kurz nach Stellenantritt nur noch Unbehagen: Ich fühlte mich fehl am Platz. Trotzdem verging über ein Jahr, bis ich endlich kündigte.
Ich musste erst viele Glaubenssätze überwinden, wie ‹andere gäben viel für diese Position› oder ‹das macht sich nicht gut im Lebenslauf›. Hinzu kam: Ich hatte keinen Schimmer, was ich statt der Juristerei machen wollte. Auch nach einem halben Jahr Auszeit nicht. Und wo suchen ohne den geringsten Anhaltspunkt?
«Diese Begegnung mit dem Unermesslichen führte mich auf meinen neuen Weg»
Also liess ich mich in einem Teilzeitpensum als Bundesgerichtsschreiberin anstellen und hoffte auf irgendeine Fügung. Und die kam dann tatsächlich, mit diesem Schlaganfall nach einer abendlichen Yogastunde im Februar vor acht Jahren. Ich war damals gerade mal 37 Jahre alt.
Diese Begegnung mit dem Unermesslichen prägte mich zutiefst und führte mich auf meinen neuen Weg. Ein Jahr lang war ich hauptsächlich damit beschäftigt, mich in den Alltag zurückzukämpfen. Nebst den körperlichen Herausforderungen wie Lähmungserscheinungen in meinem rechten Arm und Bein und Bewegungskoordinations- und Gleichgewichtsschwierigkeiten habe ich mich auch intensiv mit meinem Inneren auseinandergesetzt.
Der Weg führte durch intensive seelische Prozesse und viele schmerzhafte Erfahrungen. Der Umstand, dass man mir von aussen sehr rasch nichts mehr ansah, brachte mich zudem immer wieder in Situationen, in denen ich für mich einstehen musste, was mich herausforderte. Schwierig war auch der Umstand, dass manche Menschen aus meinem nahen Umfeld kaum je Fragen zu meinem wirklichen Befinden stellten, sondern einfach hören wollten, dass alles wieder in Ordnung sei.
«Heute begleite ich als Schamanin Menschen in Phasen grundlegender Veränderungen»
Dennoch war der Prozess stets geprägt von tiefer Dankbarkeit und einer Kraft, die mich zu leiten schien. Mir eröffnete sich eine neue Welt, die ich erst später anhand psychologischer, neurowissenschaftlicher und spiritueller Literatur erklärt bekam. Heute begleite ich als Schamanin Menschen in Phasen grundlegender Veränderungen.
Viele Menschen assoziieren mit dem Begriff Schamanin esoterische Überzeugungen und Scharlatanerie. Aber er erfasst meine Tätigkeit schlicht am besten: Ich begleite Menschen im Bewusstsein, dass wir alle Teil eines grossen Ganzen sind.
Diese Arbeit und der Weg dahin haben mein ganzes Dasein verändert. Alles ist so viel spannender, weiter, lebendiger geworden. Noch einmal von vorne anzufangen, war das Beste, was mir passieren konnte.» – Julia Siegenthaler (45), Bern
Genau so geht es mir. Immer aktiv und voller Lebenslust nur etwas älter. Bei mir ist die linke Seite gelähmt, aber ich kann mich fortbewegen und somit haben alle dass Gefühl mir geht es gut. Habe immer Schmerzen, aber es sieht es ja niemand. Ich denke immer ich werde nicht für voll genommen auch beim Arzt. Weil man mir ja nicht viel ansieht. Äusserlich. Vielen Dank für den tollen Beitrag und alles Gute an Frau Siegenthaler
Dieser Artikel hat mich sehr berührt! Ich hatte vor 6 Jahren einen Schlaganfall der aus dem heiteren Himmel alles auf den Kopf stellte Mir hat der Blick nach Innen bei der Meditation durch diese schwierigen Jahre geholfen. Das Leben ist ein riesen Geschenk und ich empfinde immer wieder grosse Dankbarkeit dafür! Toll das Frau Siegenthaler nun andere Menschen unterstützen kann.Habe dafür noch keinen beruflichen Rahmen gefunden.
Vielen Dank für diesen – leider viel zu kurzen – Beitrag.
Ich bin beim Surfen im Internet über den Vorschlag meines Browsers auf ihn gestoßen. Er hat mich sehr berührt.
Und so würde gerne mehr über die Entwicklung von Frau Siegenthaler hin zur Schamanin erfahren.
Ich könnte mir vorstellen, dass ich damit nicht alleine stehe.