Beauty to Go heisst die Devise bei den neuen Schönheitseingriffen. Schnell und unblutig sollen heute Busen vergrössert, Falten beseitigt und Gesichtshaare weggelasert werden. Die Methoden im Überblick.
Nach dreissig fängts in der Regel an: Unspektakulär, aber stetig beginnt die Haut zu welken, erschlaffen die Mundwinkel, prägen sich die ersten Falten ein. Mittlerweile muss sich aber nicht mehr unters Messer legen, wer die Spuren des Alters beseitigen will. Denn was bislang nur mit chirurgischem Können gestrafft werden konnte, lässt sich immer wirkungsvoller auch unblutig glätten. Zu den effektivsten und schnellsten Anti-Aging-Methoden gehören Botulinumtoxin alias Botox, das Krähenfüsse und Mimikfalten lahmlegt, sowie Hyaluronsäure, eine Füllsubstanz, die eingekerbte Falten aufpolstert.
Der Markt für die schnellen Schönmacher ist trotz Finanzkrise mit einer jährlichen Zuwachsrate von rund 14 Prozent rasant gewachsen. Für Stephan Hägeli, Geschäftsleitungsmitglied bei Acredis, dem unabhängigen Beratungszentrum für plastische und ästhetische Chirurgie in Zürich, die logische Folge eines gesteigerten Schönheitsbewusstseins: «Ein gutes Aussehen ist zum Konsumgut geworden, es erhöht die Erfolgschancen im Beruf und im Beziehungsumfeld.» Und damit diese Erfolgschancen auch möglichst langfristig ohne OP gewahrt bleiben, nehmen die Kundinnen und Kunden gern in Kauf, sich regelmässig und öfter behandeln zu lassen, wie Christophe Christ, Facharzt für plastische Chirurgie, beobachtet: Statt zum Lunch in die Kantine gehts zum Termin beim Schönheitsdoktor.
Nicht ganz ohne Risiken
Und ständig werden die Methoden verfeinert, neue Einsatzmöglichkeiten entwickelt. Beispiel: Hyaluronsäure. Bis vor ein paar Jahren so gut wie ausschliesslich zur Faltenunterspritzung verwendet, verschönert Hyaluron heutzutage auch den Busen. Seit drei Jahren werden auch in der Schweiz erschlaffte Oberweiten mit der dickflüssigen, gelartigen Hyaluronsäure Macrolane und sofort sichtbarer Wirkung aufgepusht – Acredis verzeichnet bei dieser minimal-invasiven Brustvergrösserung eine stark gestiegene Nachfrage. Gründe für den Boom sind «die kurze und fast nicht existente Ausfallzeit, das geringere Infektionsrisiko und die minimalen Narben», so Nathalie Krügel Schneider und Konstantina Belouli Jobin von der Zürcher Praxis Binzallee für plastische, rekonstruktive und ästhetische Chirurgie.
Ganz ohne Risiken und Nebenwirkungen ist das Quick-Verfahren jedoch nicht, darauf weist Christophe Christ hin: «Die Substanz kann Fremdkörperreaktionen und Verkalkungen provozieren, die kaum unterscheidbar sind von bösartigen Tumorknötchen.» Für ihn ist nach wie vor das konventionelle operative Busenlifting am «sichersten und wirksamsten». Das sehen laut Nathalie Krügel Schneider und Konstantina Belouli Jobin auch viele Patientinnen der Praxis Binzallee so. Nach dem Einstieg mit dem Filler falle dann häufig doch der Entscheid für eine definitive Lösung mit Implantaten.
Ganz oben auf der Wunschliste von Herrn und Frau Schweizer steht gemäss den Marktdaten von Acredis ein weiterer Klassiker: das Fettabsaugen. Mit diesem Korrektureingriff lassen sich lokale Depots, z. B. an Bauch, Hüften und Oberschenkeln, entfernen und die Silhouette optimieren. Eine Methode zur Reduktion von Übergewicht ist die Liposuktion hingegen nicht. Auf drei Kilo beziffert Christophe Christ die Menge Fett, die maximal abgesaugt werden könne: «Mehr würde den Stoffwechsel empfindlich stören und das Thromboserisiko ansteigen lassen.» Und trotz seiner langjährigen Erfahrung mit diesem Eingriff geht er die Liposuktion «respektvoll» an: Die Wunde ist zwar äusserlich nicht blutig und unsichtbar, aber beim fächerartigen Einführen der Kanülen unter die Hautschichten ist das Risiko von Verletzungen wichtiger Gefässe nicht auszuschliessen. Dafür sei die chirurgische Veränderung der Silhouette «erfolgreich und anhaltend». Was sich von der als nicht-invasive, sanfte Alternative zur Liposuktion angepriesenen Ultraschall-Fett-weg-Methode anscheinend nicht sagen lässt. Experten äussern sich skeptisch, die Wirksamkeit sei wissenschaftlich nicht nachgewiesen, und das Risiko von Verbrennungen gilt als hoch.
Sanfte Modellierung statt Schlauchbooteffekt
Risiken lauern bei den unblutigen Schnellverschönerungen mit Botox, Hyaluron & Co. aber auch in ästhetischer Hinsicht. Denn nicht jedem Gesicht stehen prallvolle Lippen à la Angelina Jolie. Und nicht jeder, der eine Spritze halten kann, ist auch fähig, einen sinnlichen, schön geschwungenen Mund zu modellieren, der mit dem Gesicht ein harmonisches Ganzes bildet. Das Ergebnis falscher Erwartungen und fehlender Fachkompetenz ist das, was die Dermato-Chirurgin Petra Becker-Wegerich als «Horror-Look» bezeichnet: «Meist werden bei Volumenvergrösserungen die Lippen zu stark und zu undifferenziert mit Filler vollgepumpt.» Statt auf «Schlauchbootlippen» schwört die Dermato-Chirurgin auf die sanfte, natürlich wirkende Modellierung und dezente Formgebung der Mundpartie, das Verfahren dazu hat sie gleich selbst entwickelt (siehe Becker-Wegerich-Methode).
Doch aller Innovation und Weiterentwicklung der Methoden zum Trotz – ab einem bestimmten Punkt im Alterungsprozess von Haut und Körper sind die Softvarianten Filler und Botox machtlos. Denn hängende Augenlider, Kinn und Hamsterbäckli lassen sich letztlich nur mit einem Lifting beheben, das den Faltenwurf chirurgisch strafft.