Body & Soul
Sandra (38): «Als grosse Frau habe ich eine Präsenz, ob ich will oder nicht»
- Text: Sandra Brun
- Bild: Sara Merz
In unserer Rubrik «Bodybuilding» zeigt sich eine Frau nackt und spricht über ihr Verhältnis zu ihrem Körper. Diesmal erzählt Sandra (38), warum sie ihren Körper mag – und wieso ihre Grösse auch ein Vorteil ist.
«Meine Mutter ist kleiner als ich und sagte immer: ‹An dir sehen einfach alle Kleider viel besser aus.› Ich bin also mit einem positiven Selbstbild aufgewachsen. Mit dem Gefühl, dass es gut ist, gross zu sein. Aber von aussen kommen seit meiner Kindheit dumme Sprüche wie ‹hat dir jemand Dünger in die Schuhe getan?›. Und wenn ich jemanden kennenlerne, höre ich oft als Erstes: ‹Boah, du bist ja megagross!›
Mit der Zeit habe ich gelernt, mein Gegenüber zu fragen, warum es das so betont. Oft realisieren Menschen nicht, dass es nervt, immer über die Grösse definiert zu werden. Dennoch: An den meisten Tagen feiere ich meine 1.78 Meter. Ich kann sie ja nicht ändern. Eine kleine Person kann Schuhe mit Zehn-Zentimeter-Absätzen anziehen und hat sofort eine andere Ausstrahlung. Das Kleinste, was ich sein kann, ist barfuss.
«Ich musste erst lernen, dass Selbstoptimierung nichts mit Selbstliebe zu tun hat»
Viele gehen automatisch davon aus, dass ich selbstbewusst bin. Als grosse Frau habe ich diese Wirkung. Habe eine Präsenz, ob ich will oder nicht. So hatte ich auch immer das Gefühl, meine Grösse hilft mir bei meiner Karriere. Wenn ich etwas sage, werde ich gehört, ernst genommen.
Ich mag meinen Körper. Dafür musste ich aber erst lernen, dass Selbstoptimierung nichts mit Selbstliebe zu tun hat. Selbstoptimierung geht für mich in die falsche Richtung: besser, schneller, höher. Selbstliebe ist eben genau nicht, Erwartungen an seinen Körper zu haben, sondern dankbar zu sein, dass man am Leben ist. Ist doch egal, ob ich ein en Pickel habe, welche Zahl meine Waage oder das Massband anzeigt.» – Sandra (38)