Body & Soul
Rosmarie (64): «Ich habe nicht den Anspruch, ein schmerzloses Leben zu führen»
- Text: Leandra Nef
- Bild: Sara Merz
In unserer Rubrik «Bodybuilding» zeigt sich eine Frau nackt – und spricht über ihr Verhältnis zu ihrem Körper. Heute erzählt Rosmarie (64) von der Unsichtbarkeit älterer Frauen.
«Wer eine Zeitung aufschlägt, könnte meinen, ältere Frauen existierten nicht. Bis auf Christine Lagarde und vor Kurzem noch Angela Merkel vielleicht. Dabei sind wir so wichtig. All die Grossmütter, die unentgeltlich ihre Enkel:innen hüten – Milliarden Franken schenken wir der Gesellschaft.
Aber die Leute übersehen uns, laufen in uns hinein. Auch darum haben wir von der GrossmütterRevolution für 2022 einen Nacktkalender mit alten Frauen verlegt. Wir wollten zeigen, dass das Frausein mit 50 nicht endet.
Körperlich beobachte ich das Älterwerden mit Interesse: Entdecke beim Blick in den Spiegel plötzlich einen neuen Altersfleck, eine neue Runzel. Aktuell kämpfe ich ausserdem mit einem Fersensporn. Aber das ist okay, ich habe nicht den Anspruch, ein schmerzloses Leben zu führen.
«Logisch, dass Frauen ständig etwas an sich zu bemängeln haben, den Bauch, die Ellenbogen. Dabei sind wir doch keine Problemhaufen!»
Apropos: Meine Füsse gefallen mir sehr. Auch meine Hände und mein Gesicht. Ich mag mich nicht erinnern, dass ich mich je nicht schön gefunden hätte. Manchmal aber spüre ich einen abwertenden Blick von aussen. Wenn ich Kleidung kaufen möchte und es sie nicht in meiner Grösse gibt etwa. Nur logisch, dass Frauen ständig etwas an sich zu bemängeln haben, den Bauch, die Ellenbogen. Dabei sind wir doch keine Problemhaufen!
Als Theologin finde ich es umso wichtiger, Glücksarbeit – das Äquivalent zur Trauerarbeit – zu betreiben. Wenn wir etwa ein Kompliment bekommen, es anzunehmen, zu verinnerlichen, den Körper damit von innen auszumalen wie eine Schoggiform.»