Body & Soul
Neue Mädchenlinie von Lego: Pro und Kontra
- Text: Sven Broder, Julia HoferFoto: Christine Benz
Mit einer Mädchenlinie sorgt der Spielzeug-Gigant für einen Gender-Streit unter Eltern.
Pro
Redaktor Sven Broder * findet die Linie Friends von Lego so harmlos wie Cookie das Hündchen – aber nur halb so bescheuert.
Cookie liebt es, wenn sein Fell gestreichelt wird. Dann blinzelt er, bewegt den Kopf. Bellen kann er auch: auf dreissig Arten. Nur mit seinem Knochen weiss er nichts anzufangen. Er ist trotzdem ein Gewinner. Cookie wurde 2011 in der Kategorie Girls zum Spielzeug des Jahres erkoren. Ich erwartete eine Protestwelle. Doch nichts geschah. Der einfältige Plüschhund wurde eben nicht von emotional versehrten Leuten gekürt, 16 115 Mädchen und Buben hatten ihre Stimme abgegeben. Was hätte man da protestieren sollen: Mädchen, seid ihr bescheuert? Wollt ihr alle im Hundecoiffeursalon enden? Das ging selbst den Fahnenträgerinnen der geschlechtsneutralen Erziehung zu weit. Dafür stellen sie sich jetzt auf die Hinterbeine. Sie wettern gegen Lego und dessen neue Mädchenlinie Friends, weil es die genoppten Steine jetzt auch in Rosa gibt. Und natürlich haben die Figürchen sexy Rundungen und nippen an Latti macchiati.
Sie werden es nicht glauben: Ich kenne solche Frauen. Ganz real. In meinem Quartier hat es sogar drei Nagelstudios. Da arbeiten echte Frauen drin, die richtige Frauen bedienen. Meine 4-jährige Tochter hat letzthin interessiert reingeschaut. Danach wollte sie mir «Frisürli» machen. Ich habe hingehalten und zugesehen, wie mein Sohn nebenan mit seinen «Star Wars»-Lego Sternenkrieg spielte. Da wusste ich gar nicht mehr recht, über wen ich mir nun mehr Sorgen machen sollte. Ich entschied mich, mir gar keine zu machen – und ging Wäsche waschen. Meine Frau war gerade arbeiten.
* Sven Broder hat einen Sohn (8) und eine Tochter (4)
Auf der nächsten Seite lesen Sie das Kontra von Redaktorin Julia Hofer.
Kontra
Redaktorin Julia Hofer * findet Friends von Lego so langweilig wie Latte macchiato ohne Milchschaum.
Mit der Friends-Linie für Mädchen verkommt Lego für die Hälfte aller Kinder zu einem Spiel, so langweilig wie ein Latte macchiato ohne Milchschaum. In «Heartlike City» ist der Name Programm: Die Spielfigur Emma liebt Klamotten und macht sich im Schönheitssalon hübsch, Andrea serviert in ihrem Café Milchshakes und Muffins. Immerhin: Mia möchte Tierärztin werden. Aber auch da fragt man sich: Warum muss sie ein Hundebaby namens Scarlett verarzten, warum will sie nicht – das soll es 2012 tatsächlich geben – Herzchirurgin werden? Nein, in dieser rosa-violetten Welt geschieht nichts Interessantes, hier werden weder Leben gerettet noch Räuber gefangen und auch keine fremden Welten erobert. Stattdessen gehts ums Soziale: Dreh- und Angelpunkt ist das Café, wo die Freundinnen bei einem Latte macchiato plaudern – wie aufregend! Klar, Mädchen sind soziale Wesen (Jungs übrigens auch) – aber müssen sie deswegen mit Figuren Freundinnen spielen?
Ich habe mich mit dem geschlechtsneutralen Lego nie gelangweilt, und meine Tochter tut es auch nicht. Mädchen mit dem Lego-Friends-Café spielen zu lassen, ist etwa gleich doof, wie wenn man Jungs eine WM-Bar aus Legosteinen vorsetzt und ihnen dafür den Fussball wegnimmt.
* Julia Hofer hat einen Sohn (6) und eine Tochter (3)