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Meinung: Ich menstruiere, also bin ich!

Body & Soul

Meinung: Ich menstruiere, also bin ich!

Unsere Chefredaktorin freut sich über die Enttabuisierung der Periode, findet aber die aktuelle Fokussierung übertrieben. Sie fordert: Lasst Körper doch mal einfach Körper sein.

Die Menstruation, so alt wie die Menschheit selbst, ist gerade sehr angesagt. Ich muss selbst lachen über diesen Satz. Aber es stimmt: Frauen auf der ganzen Welt feiern ihren Zyklus, betiteln sich wie Caligula zu seinen besten Zeiten als «Göttinnen» und zelebrieren, dass sie – nun ja – menstruieren.

Natürlich ist dieses exzessive Hochjubeln eines überaus natürlichen Vorgangs auch eine Protestreaktion darauf, dass die Mens eben bis vor Kurzem nicht nur privat, sondern auch tabu war. Hygieneprodukte beispielsweise sind im Gegensatz zu Kaviar und Viagra noch immer nicht als «Dinge des täglichen Bedarfs» anerkannt und werden dementsprechend höher besteuert (pink tax anyone?), und das Menstruationsblut in den meisten Tamponwerbungen ist auch heute noch ein bläuliches Gel.  

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«Klar, die Periode darf kein Tabu sein. Aber diese Hochstilisierung des weiblichen Körpers ist doch auch nicht zielführend»

Aber es scheint nun eben ein Umdenken stattzufinden. Mädchen müssen heute nicht mehr verstohlen etwas von «Tante Rosas Besuch» faseln oder mit rotem Kopf um einen Tampon bitten. Und auch politisch tut sich was: Spätestens 2024 sollen Frauenhygieneartikel zum reduzierten Satz von 2.5 Prozent besteuert werden, Nationalrat und Regierung haben einer Senkung bereits zugestimmt.

So weit, so erfreulich. Würdet ihr aber für eure Tochter an Tag X gleich eine Perioden-Party schmeissen? Auch das ist nämlich gerade sehr angesagt, wie wir kürzlich berichtet haben. Rote Torten, Tamponballons mit lachendem Gesicht – ihr versteht.  

Schön, dass die Mädchen und jungen Frauen von heute sich nicht mehr für ihren Körper und ihre Entwicklung schämen müssen, aber so ein grosses Brimborium scheint mir dann doch ein wenig überambitioniert. Mein Teenager-Ich zumindest wäre mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vor Scham im Erdboden versunken, wenn meine Mutter zur Feier meiner «Frau-Werdung» das Haus mit Binden-Girlanden dekoriert und meine Freundinnen zu Spaghetti Napoli und Traubensaft eingeladen hätte.

Klar, die Periode darf kein Tabu sein. Aber diese Hochstilisierung und fast schon übernatürliche Fokussierung auf den weiblichen Körper, so fantastisch und unergründlich er auch ist, sind doch auch nicht zielführend. Denn wieder werden wir Frauen so auf unsere Körper reduziert. Manchmal ist ein Körper doch einfach nur ein Körper – und kein Politikum.  

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Laura Ganthe

Sehe ich auch so, einfach mal auf dem Boden bleiben.
Ich bin wie ich bin und brauche keine Bühne dafür.
Liebe Grüße
Laura