Liebe & Sex
Kolumne «Single Way»: Plötzlich ist mein Sexleben überwältigend
- Text: Rebekka Bräm
- Bild: Unsplash
Unsere Autorin Rebekka Bräm sinniert in ihrer Kolumne «Single Way» über das Singleleben Anfang dreissig. Dieses Mal erwacht mit den steigenden Temperaturen auch ihre Libido aus dem Winterschlaf.
Ich mag Sex. Dass ich so was einmal von mir würde behaupten können, schien mir bis vor Kurzem unvorstellbar. Seit ich sexuell aktiv bin, war Sex irgendwie immer ein Problem. Dem einen wollte ich nicht oft genug, der andere hatte selbst nicht wirklich Bock, mit dem dritten war Sex eine Art Langeweileüberbrückungsstrategie, um über den Mangel gemeinsamer Interessen hinwegzutäuschen. Es lief immer gleich ab: Zu Beginn war alles neu und spannend, dann wurde ich uninteressierter, die Männer fühlten sich abgewiesen, es gab Streit und noch weniger Sex.
Inmitten dieser wiederkehrenden Abwärtsspirale zerfrassen mich die Selbstzweifel. Bin ich asexuell? Behaupten alle anderen nur, dass sie regelmässig und gern Sex hätten? Oder die verwegenste Theorie: Bin ich vielleicht einfach zu intelligent für so primitive Bedürfnisse wie Sex? Dass das Ganze mit meiner hormonellen Verhütung zu tun haben könnte, darauf kam ich gar nicht erst.
Die Pille hat uns Frauen schliesslich befreit, nicht wahr? Dann aber setzte ich sie ab, und – nichts geschah. Meine Beziehung verlief an diesem Punkt bereits in gewissen Bahnen, wir hatten uns an einen freundschaftlichen Kuschelmodus gewöhnt und verwöhnten uns lieber mit gutem Essen statt Orgasmen. Jetzt plötzlich wieder übereinander herfallen: unvorstellbar.
Zu Beginn überfordert
Wenige Wochen nach der Trennung jedoch stellte ich fest: Da regt sich was! Unbeeinflusst von künstlichen Hormonen erwachte meine Libido aus dem Winterschlaf und meldete Verlangen an. Zu Beginn war ich überfordert und wusste nicht so recht, wohin mit dieser neugefundenen Lust. Ich kannte mich nicht in der Rolle der sexhungrigen Femme fatale und hatte gar nicht das Vokabular (oder den Mut), meine neuen Bedürfnisse auszudrücken.
Und da kam mir mein Single-Dasein zugute: Dadurch ermutigt, dass der jeweilige sexuelle Partner meine Schlafzimmerpersona nicht kennt, konnte ich frei ausprobieren, mich jedes Mal ein klein wenig neu erfinden. Und es funktionierte: Ich wurde selbstsicherer, authentischer und – der Sex wurde überwältigend! Diese Freiheit wünsche ich jeder Frau.
Rebekka Bräm ist Sängerin und Kulturmanagerin. An dieser Stelle sinniert sie in loser Folge über das Singleleben Anfang dreissig.