Familie
«Isoliert euch nicht in der Kleinfamilie!»
- Text: Marie Hettich, Jacqueline Krause-Blouin
- Bild: Anja Fonseka; Collage: annabelle
In unserer Rubrik «The Mamas and the Papas» kommen Eltern aus der Schweiz zu Wort: Ein ehrlicher Fragebogen über Liebe, Erschöpfung, politische Missstände und Parenting-Hacks. Diesmal mit Marah, Mutter von zwei Kindern.
Vorname: Marah
Alter: 42
Beruf: Journalistin, Moderatorin, Inklusionsaktivistin (90 – 100%-Pensum)
Kinder: Zwei Kinder (neun und 19 Jahre alt)
Familienstruktur: Bei meinem älteren Sohn bin ich alleinerziehend, mit meiner jüngeren Tochter leben wir ein 50/50 Modell mit zwei Wohnungen
Am alleranstrengendsten im Alltag mit Kindern finde ich: Kurze, schlaflose Nächte und Trotzphasen
Eine Sache, die mir in der Erziehung ganz besonders wichtig ist: Keine psychische und physische Gewalt, sondern liebevolle, bedürfnisorientierte Beziehung
Das gönne ich mir, seit ich Mutter bin: Ayurveda-Kuren, meinen Garten
So erschöpft bin ich gerade von 0 bis 10: 4
Das letzte Mal ausgeschlafen habe ich: Letztes Wochenende, der Vorteil eines 50:50-Modells
Eine Anschaffung, die uns das Leben gerettet hat: Der Kommunikationstalker meiner sprachbehinderten Tochter
Mein Ventil: Schreiben und Aktivismus
Unser Lieblingsresti mit Kindern: Moudis Lecker Garten in Zürich. Der Inhaber hat Bilder seiner Kinder tätowiert und macht die lustigsten Sprüche.
«Die Behindertenfeindlichkeit in der Gesellschaft habe ich unterschätzt»
Ein schnelles Gericht, das alle lieben: Rührei oder Pizza bestellen
Das nervt mich an anderen Eltern am meisten: Konkurrenzkämpfe mit anderen Eltern – shut the f* up!
Etwas, worüber wir Mütter ehrlicher reden sollten: Scham- und Schuldgefühle, wenn das Kind einen anderen Weg geht, als wir uns wünschen würden. Vor allem unter Feministinnen.
Eine Sache, die sich familienpolitisch in der Schweiz ganz dringend ändern muss: Uff, so viel! Elternzeit. Tagesstrukturen an Schulen. Weniger Arbeitszeit. Unterstützung für Eltern von Kindern mit Behinderungen und chronischen Krankheiten.
Das beste Buch für Eltern: «Raus aus der Mental Load Falle» von Patricia Cammarata und «Alles inklusive» von Mareice Kaiser
Der beste Podcast für Eltern: Sara & Marah im Gespräch mit … natürlich!
Eine Sache, die ich gelernt habe, seit ich Mutter bin: Grenzen setzen, meine Kräfte sind nicht unendlich
Unterschätzt habe ich: Eigentlich alles, aber vor allem die Pubertät meines Sohnes, Behindertenfeindlichkeit in der Gesellschaft und die Kämpfe mit der IV aufgrund der Behinderung meiner Tochter
Der beste Tipp an alle frischgebackenen Eltern: Verbündet euch mit anderen Menschen und isoliert euch nicht in der Kleinfamilie!
Mein Lifesaver Nummer eins, immer wieder: Zeit alleine und Freund:innenschaften
«Rückblickend würde ich mich nicht mehr alleine für die Care-Arbeit zuständig fühlen»
Eine Sache, die sich in der Arbeitswelt aus Elternsicht dringend ändern muss: Es braucht endlich politische Lösungen gegen den hohen Druck, der auf Eltern, vor allem auf den Müttern lastet. Wir sollten von weniger bezahlter Erwerbsarbeit leben können, dafür braucht es eine Arbeitszeitreduktion, faire und gleiche Löhne für alle Geschlechter. Eltern brauchen am Arbeitsplatz Verständnis, Flexibilität und weniger Stigmatisierung. Von einem unterstützenden, gesunden und diversen Umfeld profitieren schlussendlich alle – auch diejenigen ohne Kinder.
Ein guter Spartipp für Familien: Kein Auto
Etwas, das ich als Mutter rückblickend anders machen würde: Ich würde mich nicht mehr alleine für die Care-Arbeit zuständig fühlen.
Etwas, das ich meinen Eltern gerne sagen würde, seit ich selbst Mutter bin: Es ist verdammt schwer, Eltern zu sein. Danke für eure Mühen.
Das bringt mich als Mutter sofort zum Weinen: Filme, in denen Kinder entführt werden
Wovor ich meine Kinder sehr gern bewahren würde: Vor Patriarchat, Krieg und Klimawandel
Das beste Reiseziel für Familien: Alles, was mit dem Nachtzug zu erreichen ist
Am besten geht es mir, wenn … ich mindestens sieben Stunden geschlafen habe.
Alles wäre so viel einfacher, wenn … wir weniger bezahlt arbeiten müssten, um unsere Rechnungen bezahlen zu können.
«Erwartungen an Mütter sind in der Schweiz völlig unmenschlich»
Komplett ans Limit komme ich, wenn … alle Magen-Darm-Grippe haben.
Bei Regenwetter … bin ich verschwenderisch und fahre mit meiner Tochter mit dem Taxi ins Thermalbad.
Eltern in der Schweiz … sind Eier legende Wollmilchsäue.
Erwartungen an Mütter … sind in der Schweiz völlig unmenschlich.
Wenn Geld keine Rolle spielen würde, würde ich … ein grosses Haus kaufen und dort mit all meinen Freund:innen leben und untereinander die Kinderbetreuung aufteilen.
Mütter … in die Politik!
Väter … werdet Feministen!
Mental Load … aufteilen!
Work-Life-Balance … Gibt es das?
Hier findet ihr alle Folgen «The Mamas and the Papas»
Gut gesagt, Marah! Gerne wollte ich mehr solche Interviews lesen.