Vom Kleiderschrank bis zum Nachwuchs – bei erfolgreichen Lifestyle-Bloggerinnen stimmt gerade bei der Bildsprache jedes Detail. Doch ist diese Inszenierung das, was wir sehen wollen? Ein Beispiel, dass es auch anders ziemlich gut funktioniert.
Früher war es die Werbung, die uns suggerierte, wie ein Frauenkörper auszusehen hat. Schlank, schön, aalglatt – Perfektion, von Fotografen und Grafikern kreiert. Seit Bloggerinnen und Blogger um Reichweite und Likes buhlen und ihren Alltag inszenieren, hat sich das Aalglatt-Prinzip auf das eigene Zuhause, die Mahlzeiten und das tägliche Outfit ausgedehnt. Das Müesli am Morgen wird kunstvoll ins rechte Licht gerückt (übrigens auch von mir), auf dem Tisch stehen stets frische Blumen (hätte ich gern), und der weisse Marmor in der Küche wird zum beliebten Fotountergrund – wer nicht in das teure Gestein investieren will oder kann, kauft Stoff in Marmoroptik (ich habe kurz darüber nachgedacht).
Mittlerweile bekennen sich viele der einst aalglatten Influencer zum Individualismus, brechen mit alten Mustern und besinnen sich bei ihrer Tätigkeit auf mehr Realitätsnähe, wie die Australierien Essena O’Neill, die im vergangenen Herbst die Inszenierung in den sozialen Medien kritisierte. Und doch finden wir sie noch zuhauf: die strahlend schönen Figuren, die schneeweissen Schlafzimmer und Pinterest-Küchen in der Qualität eines Hochglanzmagazins. Ich bin selbst eine, die auf Kritik an dieser Inszenierung meist gleichgültig reagiert. Was kümmert es mich, wenn Menschen ihre schönste Seite nach aussen kehren und ihr Glück präsentieren? Die digitale Welt gehört zu unserem Leben dazu, wir teilen, wir machen uns öffentlich und selbstverständlich am liebsten in unserer vorzeigbarsten Form. Anders aber bei der Inszenierung des Mutterglücks, hier geraten Frauen oft unter Druck. Was einem beim Frühstücksschälchen oder der Wahl der Bettwäsche noch schnurzegal ist, wird beim Handling der Kinder zum Unsicherheitsfaktor. Denn im Netz finden sich massenweise Supermamis, die augenscheinlich alles richtig machen und dies ausschliesslich mit ganz viel Stil.
Bloggerin und Mutter Rachel Parcell vom Blog Pink Peonies beispielsweise zelebriert auf ihrem Instagram-Account mit 931’000 Followern ebendiese strahlend schöne Welt. Damit ist sie eine von vielen. Dass das hinter der Kamera oft nicht mehr so perfekt aussieht, wissen wir im Grunde alle. Doch manchmal tut es gut, dies auch am lebenden Objekt zu beobachten. Dank Ehemann Drew Parcell ist das möglich. Dieser unterhält ebenfalls einen öffentlichen Instagram-Account, auf dem er seinen rund 27’700 Fans schonungslos ehrlich und gerade deshalb so sympathisch ein anderes Bild des Familienlebens zeichnet – der Hund voller Schmutz, die Frau zerzaust zwischen knittrigen Leintüchern und die Kinder gänzlich ohne Filter und inszenierter Kulisse – wenn auch auf weissem Marmor platziert. Nun könnte man meinen, dass er seiner Frau mit diesen Fotos die mühevoll inszenierte Arbeit zunichtemacht, gar ihre Follower verwirrt oder ihrem aufgebauten Image schadet, doch statt sich an den Aufnahmen zu stören, verlinkt Rachel Parcell ihn auf vielen ihrer Fotos und weist bewusst auf seinen Account hin. Sicher kein schlechter Schachzug, denn gerade mit diesem Kontrast schafft der Ehemann eine wohltuende Normalität und bietet köstliche Unterhaltung. Und das macht die kleine Familie noch liebenswerter. Ich habe mich jedenfalls noch lange nicht sattgesehen – besonders an seinen Bildern.