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Erotische Kurzgeschichten von Frauen für Frauen

Liebe & Sex 

Erotische Kurzgeschichten von Frauen für Frauen

  • Text: Rachel Kramer Bussel; Illustration: Anna Sudit      Dieser Artikel erschien zuerst bei Refinery29 Germany / Instagram / Facebook

Erotische Kurzgeschichten von Frauen für Frauen sind so vielfältig wie nie. Sie eröffnen neue Perspektiven auf Sexualität. 

Als ich 1999 damit anfing, erotische Geschichten zu schreiben, wurde ich oft gefragt, was ich eigentlich genau mache. Heute ist das anders. Dank «Fifty Shades of Grey» wissen alle, was erotische Fiktion ist. Leider gehen nun auch alle davon aus, dass sich alles so lesen muss wie Shades of Grey: weibliche Unterwerfung getarnt als konzeptionelles Spiel. Die Wahrheit ist aber, dass es in diesem Genre eine ganze Bandbreite von Geschichten und Entwürfen gibt. Ich muss es wissen, denn bis heute habe ich mehr als 60 erotische Anthologien editiert und Hunderte von Geschichten gelesen. Erotika zu schreiben hat mein Leben verändert; es hat mir neue Perspektiven über meine eigene Sexualität und die meiner Mitmenschen eröffnet.

In den letzten zehn Jahren haben Frauen Sexgeschichten entdeckt, die Christian Grey die Röte ins Gesicht schiessen lassen würden. Und wer Erotika nicht als Kunstform sehen will, sollte sich allerdings im Klaren darüber sein, dass rund 30 Prozent von 130 befragten Autor*innen zuvor eine formale Universitätsausbildung in Literaturwissenschaften genossen haben. Weibliche Autorinnen betreten die Welt der erotischen Fiktion aus unterschiedlichen Gründen: Manche sehen eine Geschäftsidee darin, andere wollen auf sichere Art und Weise sexuelle Fantasien entdecken, die sie in ihrem echten Leben nicht ausleben können; und schliesslich gibt es auch welche, die einfach ihre Leser*innen erregen möchten. Ich bin zwar der Meinung, das Fiktion eben nur Fiktion ist und nicht zwangsweise was mit dem echten Leben zu tun haben muss, aber ich glaube trotzdem, dass die wachsende Leserschaft im Erotika-Genre positiv zu bewerten ist. Wenn dieses Genre nicht in den letzten Ecken versteckt und als schmuddelig abgewertet wird, sendet dies ein lebens- und sexbejahendes Signal für Frauen. Wir sind sexuelle Wesen mit Lüsten und Sehnsüchten, die nicht nur eindimensional sind.

Die Tatsache, dass Erotika heute so weit verbreitet sind – von Print-Kassenschlagern bis hin zu Indie-E-Book-Verlagen und -Magazinen –, bedeutet, dass wir heute einfacher über Sex reden können; auch über Sex, der über Konventionen hinausgeht. Spaziert doch nur einmal durch eine Romantikbücher-Abteilung und Sie werden genauso viele kitschige Pärchen auf den Covern wie Handschellen finden. Weibliche Autorinnen schreiben über Heteros, Lesben, Bisexuelle, Schwule und alle möglichen anderen Modelle, und eröffnen ihren Leser*innen damit zahlreiche Perspektiven unserer Sexualität. Als mich Refinery29 gebeten hat, eine Auswahl der heissesten erotischen Erzählungen von Frauen zu kuratieren, wollte ich Ihnen ein bisschen was von dieser Diversität präsentieren. Im Folgenden finden Sie Exzerpte aus erotischer Literatur. Sie werden von allem etwas vorfinden: Süss, dreckig und alles, was dazwischen liegt. Die Autorinnen haben ihren ganzen Mut zusammengenommen, um Sex in seiner ganzen, facettenreichen Art zu portraitieren. Machen Sie sich darauf gefasst, positiv überrascht zu werden, denn diese Autorinnen haben keine Angst davor BDSM, schwulen Sex oder Sex mit fremden Männern zu thematisieren.

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1.

War das nur ihre Vorstellung, oder brannte das neue Scheren-Tattoo auf ihrem Arm? Je länger Letty damit verbrachte, so zu tun, als sei sie die Person, die Toni gerne hätte, desto besser fand sie es. Das war es doch, worum es bei anonymen Begegnungen ging? Entdeckungen? Wenn es doch schief geht, muss Letty Tony nie wieder sehen. Es war ihr sogar egal, ob unangenehme Stimmung entsteht und sie früher vom Konzert gehen muss. Bevor sie Tony kennengelernt hatte, hatte sie sich sowieso schon deplatziert und alt gefühlt.

Eine Toilettentür ging auf. Letty hatte Tonys Frage immer noch nicht beantwortet. Aber Tony hatte die Sache im Griff. Sie hob eine Augenbraue und ging direkt in die Toilette, mit einem Blick zurück zu Letty, um zu sehen, ob sie ihr folgte.

«Jesus Christus», murmelte Letty leise. Sie war keine Lesbe. Sie hatte nie zuvor was von einer Frau gewollt.

Aber sie wusste, dass sie sich niemals selbst verzeihen würde, wenn sie nicht herausfand, was in einer kleinen Toilette, zusammen mit Tony eingesperrt, passieren würde. Sie berührte ihr Scheren-Tattoo, ein Glücksritual, und erinnerte sich an ihre Sehnsucht nach dem Anderen. All die Jahre schien es so nahe zu sein. Und jetzt war es endlich so weit.

Letty holte tief Luft, ging Tony nach und schloss die Tür hinter sich zu.

Das englische Original finden Sie in voller Länge hier.

2.

«Also, lass uns mal über deine Aversion gegenüber bedeutungslosem Sex reden», fing ich an.

«Ohh-kay», stammelte er. «Was willst du wissen?»

«Erst einmal: Wie streng ist diese Regel?»

«Was meinst du?»

«Ich meine, was ist deine Definition von Sex? Reden wir hier von der Bill Clinton-Definition oder von einer mormonischen Definition?»

«Naja, eigentlich ist es ja keine Regel. Ich glaube nur, dass es für mich gerade so am besten ist. Und was die Strenge betrifft… kein Geschlechtsverkehr.»

«Kein Geschlechtsverkehr?»

«Nein.»

«Gar nicht?»

«Gar nicht.»

«Verdammt,» fluchte ich leise. «Ich wollte dich wirklich gerne ficken heute.»

Er lachte. «War das deine Mission?»

«Ja. Und ich befürchte, dass ich an ihr gescheitert bin, bevor ich überhaupt angefangen habe. Aber kann ich dich was fragen?»

«Klar, du kannst mich alles fragen.»

Den Text in voller Länge gibt es im Original und in voller Länge hier zu lesen.

3.

Jede Kerze in Carsons Zimmer war angezündet; mehr als zwei Dutzend Säulen, die er auch in seiner Demonstration für den Club Accendos vor einigen Monaten benutzt hatte. Die jungen Mädchen hatten gekichert und geschrien, als ihre Partner ihnen heissen Wachs auf ihre Brüste und Bäuche tropften. Keiner hatte sich verbrannt oder ernsthaft wehgetan. So eine Erfahrung kitzelte einfach nur ihr melodramatisches Inneres. Er hatte sich zu Tode gelangweilt. Aber in diesem Augenblick war er Feuer und Flamme.

Nachdem er London auf den Tisch gelegt hatte, nahm er sich einen Moment Zeit, um die karamell- und schokofarbenen Strähnen neben ihren Wangen zu begutachten; der Pony, der sich über die Kanten des Tisches ergoss.

«Ist dir kalt?», fragte er.

«Nein.» Sie bewegte sich über das geräuschvolle Plastik unter ihr. «Alles gut.»

Carson löste seinen Gürtel von ihrer Hüfte. Als er zu Boden fiel, erschrak sie von dem lauten Geräusch.

Er nahm eine kleine Ölflasche in die Hand und öffnete sie. Nachdem er seine Hände mit dem Gleitmittel bedeckt hatte, schmierte er Londons Bauch ein. Er bewegte sich vor zu ihren Brüsten, knetete sie, und kniff ihr dabei in ihre himbeerfarbenen Nippel. Ihr Rücken wölbte sich ihm entgegen, und ihre Fäuste wurden weiss von der Anspannung.

Das englische Original finden Sie in voller Länge hier.

4.

Als ich den Raum betrat, hattest du immer noch deinen Anzug an. Ich glaube, du wolltest das so – du wolltest der Manager sein, der Zirkusdirektor, und wir waren deine Ponys und mussten deine Tricks vorführen.

Deshalb mussten wir uns gegenseitig erstmal küssen, oder?

Ich war anfangs schüchtern. Ich hatte nie zuvor eine Frau geküsst, aber Jeanne war unbändig, ihr Mund stürmisch, als ob sie jahrelang auf mich gewartet hätte, und sie beanspruchte meinen Mund mit ihrem kirschdunklen Lippenstift, mit Küssen aus zerstörerischem Samt – selbstlos, gierig, alles und nichts gleichzeitig. Unsere Münder versanken ineinander, unsere Brüste berührten sich. Meine waren nur mit feinstem Satin bedeckt, ihre mit einem hauchdünnen Material, das zart glänzte. Sie hielt mich so, dass wir als einzelnes Wesen atmeten, und ich spürte ihre harten Nippel. Ich führte meine Hände ihre Oberschenkel entlang, an den Kurven ihres Hinterns hoch, und spürte ihren warmen, weichen Körper in ihrem Kleid.

Das Blut kochte unter meiner Haut, und jeder Teil von mir japste nach Luft und errötete. Ich war so lebendig, besonders in dem Augenblick, als deine Hände mich von hinten umringten, und dein Geschlecht – hart und beharrlich – sich in meinen Hintern drückte. Ich warf dann meinen Kopf zurück, machte hungrige Laute, während Jeanne sanft-feuchte Küsse an meinem Hals platzierte und du meinen Körper durch das dünne Satin untersuchtest; deine Hände glitten reibungslos über mich, als wäre ich schon entblösst. Ich spürte dich an meinen Hüften, an meinen Seiten, deine Lippen auf meinem Nacken. Ich fühlte, wie du mich noch fester umschliessen wollest als Jeanne, wie du dich an mich gedrückt hast.

Verzweiflung. Verlangen.

Das englische Original finden Sie in voller Länge hier.

5.

Jake küsste so, wie er sang. Langsam zuerst, dann mit hartem, animalischen Verlangen, und wenn er erst einmal angefangen hatte, hörte er nicht mehr auf. Seine Berührung war wie geschmolzener Zucker, sein Geschmack rauchig und bitter, so wie ich mir das immer bei einem Punkrocker vorgestellt hatte. Sein Körper war sanft, poetisch, und ich kratzte ihm Spuren in den Rücken, forderte ihn heraus, mir all seine Geheimnisse preiszugeben.

Als wir uns endlich voneinander gelöst hatten, waren wir beide am schwanken. Er zog die Fernbedienung für den CD-Player aus seiner Tasche, machte die Musik aus und warf sie wieder weg. Er runzelte die Stirn.

«Ich hab das gemacht, weil ich dich glücklich sehen wollte. Nicht, um dich flachzulegen.»

«Willst du mich denn flachlegen?»

«Ja. Aber wir können warten.»

«Ich hab schon gewartet.»

Herausforderung angenommen.

Jake hob mich hoch und knallte mich mit dem Arsch auf den Tisch. Er hatte seine Muskeln vor mir verborgen wie ich meine Sehnsucht nach ihm, aber keiner von uns hielt sich zurück, als wir ineinander stürzten.

Ich zog seinen Pullover über seinen Rücken und Schulterblätter. Das Material war eng und hielt sich an seiner glatten Haut fest, verknotete seine Arme. Als er seinen Käfig endlich los war, war ich schon längst aus meinem eigenen Pullover raus und öffnete den Knopf meiner Hose. Ich fühlte mich so Rock’n’Roll auf diesem Tisch, in meinem gelben Polkadot-BH, in Genuss seines Anblicks.

Seine Finger glitten über meinen Rücken und sorgten für einen erregten Schauer. Mit einem schnellen Griff sprang der BH von meinem Körper, und eine kühle Briese reizten meine Titten.

Jake griff das Metall meines linken Nippelpiercings mit seinen Zähnen und zog leicht. Der Schmerz wurde sofort von der Berührung seiner Zunge gebändigt, und ich fing an zu zittern. Ich fasste runter, wollte an seinen Reissverschluss, war aber zu weit entfernt.

Jake lehnte sich zurück, verhakte seine Daumen in den Schlaufen meiner Jeans und zog. Mein nackter Arsch klatschte gegen die Kunstholzplatte, und ich liess einen kleinen Schrei aus. Die Jeans knüllte sich an meinen Füssen und ich verfluchte mich dafür, hohe Springerstiefel angezogen zu haben. Ich versuchte, an meine Schnürsenkel zu kommen, aber er drückte mich zurück auf den Tisch.

Das englische Original finden Sie in voller Länge hier.

6.

Hier waren sie nun, alleine in Kingsley’s Schlafzimmer. Und sie würde ihm wehtun. Und sie hatte noch nie so etwas getan in ihrem Leben. Wie fängt man an?

Sie trat einen Schritt zurück und schaute sich Kingsley von oben bis unten an. Er brauchte irgendwas. Kein Halsband, aber irgendwas, irgendwas, das den Unterschied zwischen ihnen betonte.

«Was hältst du von einer Augenmaske?», fragte sie.

«Ich hab nichts dagegen, aber ich würde dich lieber sehen.»

Sie trat wieder vor ihn und fing an, seine Weste aufzuknöpfen. Sie hatte ihn schon mal ausgezogen, unter seinem Kommando, aber niemals unter ihrem. Er stand da nur, still und unterwürfig, und liess sie die Weste abziehen. Sie überlegte kurz, seinen eleganten Anzug zusammen zu legen oder aufzuhängen. Es war ein teurer Anzug. Stattdessen liess sie ihn auf den Boden fallen.

«Du bist ihm ähnlicher, als du denkst», sagte Kinsley, worauf Eleanor antwortete: «Sprich nicht, bis du angesprochen wirst.»

Kingsley liess den Kopf entschuldigend runter. Sie fühlte etwas neues durch ihre Adern strömen, etwas Süsses, veredelt mit einer Prise Gift.

Macht.

Kingsley blieb still während sie sein Hemd aufknöpfte und seine Hose runterzog. Er hatte so einen schönen Körper – betonte Muskeln und alte Narben – dass sie sich nicht dabei aufhalten konnte, als sie seine nackte Schulter küssen wollte. Dann einer auf seinen nackten Bizeps. Dann auf den Unterarm, auf das nackte Handgelenk.

Das nackte Handgelenk.

Sie liess ihn so stehen, während sie sich neben dem Bett hinkniete. Sie zog einen Koffer darunter hervor und öffnete ihn. In ihm war Bondage-Equipment – Seile, Stangen, Handschellen und Halsbänder.

Das englische Original finden Sie in voller Länge hier.