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Ein Plädoyer dafür, mehr Zeit mit seinen Eltern zu verbringen

Familie

Ein Plädoyer dafür, mehr Zeit mit seinen Eltern zu verbringen

Alle Jahre wieder... hat man keine Ahnung, was Mama und Papa zu Weihnachten schenken. Die Eltern von Lifestyle Editor Linda Leitner bekommen seit geraumer Zeit jedes Mal ein gemeinsames Wochenende in den Bergen. Warum das so schön und vor allem wichtig ist.

Wir waren in Mürren. Mutter, Vater, Kind. Eiger, Mönch und Jungfrau nicht. Also doch – aber sie lagen versteckt hinter einer Wolkenwand. Sprich: Wandern in Regenjacken. Als wir dann bei einer Flasche Rotwein auf dem Hotelbalkon sassen, trieb der Wind die Wolken weg und wir drei wähnten uns im Alpenhimmel.

Wir waren im Fextal. Da, wo Angela Merkel gern eincheckt, wie man an der Rezeption ausplauderte. Wir verliefen uns in sengender Hitze. Waren sieben Stunden unterwegs. Fürchteten uns vor Kühen, das Wasser ging uns aus. Dasselbe passierte in Vals. In der weltberühmten Zumthor-Therme entspannte sich anschliessend jede Faser meines Stadt-Leibes – den Dorf-Körpern meiner Eltern war nach 45 Minuten zu langweilig.

Wir waren auf der Alp Grüm. Am kältesten Tag des Spätsommers. Der Wein eines mir wohlbekannten Winzers, den wir ein Jahr zuvor zufällig in Soglio auf einer Parkbank getroffen hatten, lief – die Heizungen taten es nicht. Wir stritten beim Einheizen des kleinen Ofens. Irgendwann war es warm. Drin und uns ums Herz. Und genau das schenke ich meinen Eltern zu Weihnachten. Jedes Jahr.

Nichts ist wichtiger als Zeit… bla bla bla

Klingt abgedroschen, ist aber so. Und warum sollte das, was für alle Beziehungen im Leben gilt, nicht auch – besonders! – für die Beziehung mit denen gelten, die einen gemacht haben? Die einen gezeugt, geboren, an-, aus- und erzogen, ja: ausgehalten haben? Und das in doppeltem Sinne. Die einen zu dem gemacht haben, was man ist. Ich möchte mich erkenntlich zeigen, weil ich finde, dass sie einen guten Job gemacht haben. Vielleicht war das gar nicht so schwer – das Erbgut war schliesslich ein solides. Klar, meine Eltern sind meine Eltern, aber deswegen nicht minder unterhaltsam als meine Freund:innen. Und «schnapseln», wie wir in Bayern sagen, tun sie auch gern.

Die Zeiten, in denen es als uncool galt, gerne Zeit mit «seinen Alten» zu verbringen, sind doch eh vorbei. Die Psychologin Anne Otto, die das Buch «Für immer Kind? Wie unsere Beziehung zu den Eltern erwachsen wird» geschrieben hat, sagt in einem Interview mit annabelle über das Erwachsenwerden: «Man beginnt, sich auf Augenhöhe zu begegnen. Im Grunde ist das die Fähigkeit, sein Gegenüber als Mensch mit vielen verschiedenen Eigenschaften zu sehen und eben nicht nur in der Rolle des Elternteils oder des Kindes. Diese Wahrnehmungserweiterung verändert, wie wir miteinander umgehen.»

Elterliche Reise-Hacks

Natürlich ist mir bewusst, dass ich Glück habe. Nicht jede:r hält ein ganzes Wochenendes mit den Eltern aus, nicht alle haben ein so gutes Verhältnis zu ihrer Familie. Ich weiss um dieses Privileg. Schliesslich ist es bewiesen, dass Menschen, die in ihrer Kindheit genügend Liebe und Geborgenheit erfahren durften, oft in einem besseren Kontakt mit ihren eigenen Wünschen stehen, ihren eigenen Weg in der Welt leichter finden und Konflikten mit den Eltern eher standhalten, weil ihnen bewusst ist, dass die Beziehung trotzdem trägt. Ich bin Einzelkind – vielleicht hat das unsere Bindung zusätzlich gestärkt.

Dabei ist das Zusammen-Verreisen schon fast ein Life Hack: Auf neutralem Boden geht man sich weniger auf den Sack. Da, wo man aufgewachsen ist, ist und bleibt man Kind und die irrationalen Spannungen der Pubertät können unter Umständen nachhallen. Und in meiner Stadtwohnung ist es eng. Fahren wir gemeinsam weg, erleben wir Dinge, haben Raum und zu tun. Und eine Basis fürs nächste Mal. Wichtig ist dabei, direkt bei gewünschter Destination einen Gutschein zu bestellen (und sofort zu bezahlen), um alle Beteiligten festzunageln. Und dann ruckzuck ein Datum festlegen.

Fakt ist: Ich möchte nichts bereuen. Irgendwann. Möglicherweise. Denn sagen wir mal so: nichts ist für immer – bis auf Diamanten. Und Erinnerungen. Und davon möchte ich möglichst viele schöne sammeln. Auch, weil meine Eltern und ich nicht im gleichen Land leben und ich nicht jeden Mittag in Hausschuhen zum Essen rüberschlurfen kann. Meine Geschenke sind teuer. Aber das ist mir meine Familie eben auch.

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