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Die Sexfrage: Wie gehe ich mit Performance-Druck um?

Die Sexfrage: Wie gehe ich mit Performance-Druck um?

Alle zwei Wochen beantwortet Paar- und Sexualtherapeutin Bettina Disler eine Frage zum Thema Liebe oder Sex. Heute geht es darum, wie man mit dem Druck, gefallen zu wollen, umgehen kann.

Die Termini «Druck machen», «sich unter Druck fühlen» und «mit Druck umgehen» fallen in meiner Praxis täglich. Wenn sich jemand unter Druck fühlt, geht es um die Differenz zwischen der Vorstellung, wie man sein sollte, um nicht abgelehnt zu werden und dem, wer man wirklich ist. Die Erwartung sitzt also im Kopf. Und der Knopf, der den Druck erzeugt, heisst Angst. Angst, nicht zu genügen und somit vom Gegenüber nicht begehrt und geliebt zu werden.

Für viele scheint die naheliegende Lösung, sich zu verstellen, um dieser Vorstellung bestmöglich zu entsprechen, weil sie sich erhoffen, das Gegenüber mit ihrer Performance zu begeistern und so im Gegenzug die Bestätigung zu erhalten, die sie sich so sehr wünschen. Sollte es dann tatsächlich Applaus dafür geben, bleibt der Effekt – nämlich, sich geliebt zu fühlen – überraschenderweise weg. Denn man wird ja nicht dafür geliebt, wie man wirklich ist, sondern dafür, wie man performt. Und schon sitzt man in der eigenen Falle.

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«Tun wir etwas nur für andere, dann sitzen wir in deren Köpfen und sind somit naturgemäss nicht mehr bei uns selbst»

Die Performance, wie man sie aus Pornos kennt, zielt primär darauf ab, die Zuschauer:innen zu erregen. Dabei bedienen sich die Macher:innen bewusst gängiger sexueller Skripts, gestalten Inhalte manchmal mehr oder weniger dramaturgisch, um gezielt mit den Erregungsmustern der Konsument:innen zu spielen. Und wir alle fallen immer wieder darauf ein. Nicht nur bei Pornos. Auch bei gut gemachten Thrillern (schreien wir vor Angst), Tragödien (weinen wir vor Trauer) und Komödien (lachen wir vor Witz). Deswegen mögen wir ja auch Filme und Theater! Weil sie uns entführen in eine andere Welt, weil sie uns berühren und ja, weil sie uns helfen, einen Augenblick abzuschalten und loszulassen.

Nun ist es aber so, dass wenn wir mit jemandem schlafen, wir in den allermeisten Fällen nicht für ein Publikum performen und es unsere Aufgabe ist, diese damit möglichst effektiv zu unterhalten. Denn tun wir etwas nur für andere, dann sitzen wir in deren Köpfen und sind somit naturgemäss nicht mehr bei uns selbst. Das heisst wir spüren uns nicht und können somit auch nicht berührt werden. Eine sexuelle Begegnung ist aber real und keine Fiktion. Man sagt nicht umsonst, Sex ist die intimste Form der Kommunikation. Und um diese Intimität zu erleben, ist es unabdingbar, dass alle Beteiligten den Mut haben, von sich aus zu agieren und in ihrer ganz eigenen Hauptrolle zu sein. Denn nur so geht eine Begegnung unter die Haut, was in einem solchen Mass kein Film je bewirken kann.

Bettina Disler arbeitet in ihrer Praxis in Zürich als Paar- sowie Sexualberaterin und ist Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Sexualforschung. Sie hat ein eigenes Modell entwickelt, mit dessen Hilfe sich Bewegung in festgefahrene Beziehungen bringen lässt. 2019 hat Disler beim Klett-Cotta Verlag ein Fachbuch zu den Themen Lustlosigkeit, Entfremdung und Affären veröffentlicht. 

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