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Die Liebesfrage: Was, wenn nur eine:r ein Kind will?

Die Liebesfrage: Was, wenn nur eine:r ein Kind will?

Alle zwei Wochen beantwortet Paar- und Sexualtherapeutin Bettina Disler eine Frage zum Thema Liebe oder Sex. Diesmal geht es um die Frage, wie Partner:innen mit unterschiedlichem Kinderwunsch umgehen können.

Ein oder mehrere Kinder zu zeugen, ist eine Entscheidung fürs Leben. Und bevor es so weit ist, haben viele mit der Frage zu kämpfen, ob sie überhaupt Kinder möchten – und wenn ja, wann für sie der richtige Zeitpunkt dafür gekommen ist. Wenn sich Partner:innen diesbezüglich nicht einig sind, kann das zu enormen Spannungen in der Beziehung führen.

Die Beweggründe der unterschiedlichen Positionen genauer anzuschauen, ist hierbei der erste Schritt: Warum will jemand ein Kind beziehungsweise welche Argumente sprechen dagegen? Sind Ängste der jeweilige Treiber, kann man diesen gemeinsam auf den Grund gehen und andere Lösungen suchen, als dass sie mit einem Kind oder keinem Kind aufgelöst werden sollen.

Auf der einen Seite steht oft die Angst vor dem Alleinsein oder die Angst, sonst im Leben keinen Sinn zu finden. Auf der anderen Seite die Angst, eingeengt zu werden, oder auch die Angst, wegen eines Kindes ein Leben lang finanziell unter Druck zu stehen.

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«Es gilt, zuerst das zu benennen und zu stärken, was beide verbindet»

Damit sich beim Gegenüber nicht das Gefühl einschleicht, der Kinderwunsch sei wichtiger als die partnerschaftliche Liebe, gilt es, zuerst das zu benennen und zu stärken, was beide wirklich verbindet. Das kann auch dann hilfreich sein, wenn ein kategorisches Nein zu einem Kind vom Gegenüber als Zeichen interpretiert wird, nicht genug geliebt zu werden.

Die Beweggründe für oder gegen ein Kind zu verstehen und sich darüber auszutauschen, kann die Beziehung stärken, indem man den Fokus weg von der Unterschiedlichkeit hin auf das Gemeinsame lenkt.

In vielen Fällen ist Zeit ein weiterer Faktor. Wenn also zum Beispiel ein Altersunterschied vorliegt und eine Person vielleicht bereits Kinder hat und mit der:dem neuen Partner:in keine weiteren Kinder mehr haben will. Die jüngere Person im Gegenzug sieht noch vieles vor sich. Oder das Gegenteil ist der Fall: dann, wenn die sogenannte «biologische Uhr» tickt.

Was brauche ich, um mich zu entscheiden?

Wenn man den Entscheid immer länger hinauszögert, kann es für Kinder irgendwann tatsächlich zu spät sein. Das Thema Familiengründung sollte also genug früh in die Beziehung eingebracht werden. Dabei ist vor allem auch wichtig, dass Paare sich damit auseinandersetzen, was jede:r für sich, aber auch beide gemeinsam benötigen, um zu einer Entscheidung zu gelangen.

Herausfinden kann man das auf verschiedenen Wegen, beispielsweise in einer Paartherapie, in Gesprächen mit Freund:innen, Eltern, Grosseltern oder indem man sich ganz praktisch vor Ort in die Welt von Kindern begibt und mit ihnen Zeit verbringt.

Wenn man sich für etwas entscheidet, entscheidet man sich immer gleichzeitig gegen etwas anderes. Es lohnt sich also, sich zu fragen: Was gewinne ich bei einem Ja beziehungsweise bei einem Nein – und was verliere ich?

Bettina Disler arbeitet in ihrer Praxis in Zürich als Paar- und Sexualberaterin und ist Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Sexualforschung. Sie hat ein eigenes Modell entwickelt, mit dessen Hilfe sich Bewegung in festgefahrene Beziehungen bringen lässt. 2019 hat Disler beim Klett-Cotta Verlag ein Fachbuch zu den Themen Lustlosigkeit, Entfremdung und Affären veröffentlicht. 

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