Liebe & Sex
Die Liebesfrage: Was tun, wenn mein:e Partner:in zu viel am Handy ist?
- Text: Bettina Disler
- Bild: Stocksy; Collage: annabelle
Alle zwei Wochen beantwortet Paar- und Sexualtherapeutin Bettina Disler eine Frage zum Thema Liebe oder Sex. Diesmal geht es um den Smartphonekonsum.
Wenn jemand (oder auch beide) in Anwesenheit des Gegenübers ständig am Handy ist, überschneiden sich zwei Räume: der virtuell erfahrbare Raum und der physisch bestehende Raum, wo sich die Partner:innen miteinander aufhalten. Wenn nun die gemeinsame Zeit damit verbracht wird, dass sich beide zwar im selben Raum befinden, jedoch jemand (oder beide) ihren Fokus auf den jeweils eigenen virtuellen Raum legt, kommt schnell einmal das Gefühl auf, dass man nicht mehr miteinander verbunden ist – oder gar ganz aneinander vorbeilebt.
Im Grunde genommen geht es bei dieser Frage um nichts anderes als um die Beziehungspflege: Wie wollen wir unsere Paarzeit aktiv und interessant gestalten, damit wir uns begegnen und aneinander wachsen können?
Wenn beide physisch in getrennten Räumen unterwegs sind, kann das Handy für die Partner:innen auch eine verbindende Funktion haben. Es schafft einen virtuellen Raum, sich auszutauschen. Hat sich das Paar online kennengelernt, spielte das Handy ursprünglich eine wichtige Rolle beim Verkuppeln. Doch genau dieser Fakt kann später die Frage aufwerfen: Wenn mein Gegenüber weiterhin so viel Zeit am Handy verbringt, besteht dann die Gefahr, dass jemand Neues in sein Leben tritt und mich bald ablösen wird?
«Was sucht mein:e Partner:in in der virtuellen Welt?»
Wenn Misstrauen und Eifersucht aufkommen, sollten diese Gefühle unbedingt angesprochen werden: Was löst die gedankliche Abwesenheit des Gegenübers in mir aus? Aber nicht nur die Auseinandersetzung damit ist wichtig – genauso berechtigt sind Fragen an die andere Person, die sich vom Handy absorbieren lässt: Was sucht oder bekommt mein:e Partner:in in der virtuellen Welt?
Wenn beide darüber reden, haben sie die Chance, sich besser kennenzulernen und ihren Beziehungsraum bewusster zu gestalten. Handyfreie Zeiten oder Zonen zu vereinbaren, hilft zwar, das Problem strukturell anzugehen, dies reicht aber nicht aus, um das Problem zu lösen. Es geht vielmehr um das Warum.
Bettina Disler arbeitet in ihrer Praxis in Zürich als Paar- und Sexualberaterin und ist Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Sexualforschung. Sie hat ein eigenes Modell entwickelt, mit dessen Hilfe sich Bewegung in festgefahrene Beziehungen bringen lässt. 2019 hat Disler beim Klett-Cotta Verlag ein Fachbuch zu den Themen Lustlosigkeit, Entfremdung und Affären veröffentlicht.