Arbeit oder Kinder: Teilzeit-Job für Männer ein Karriere-Knick?
- Test: Barbara Achermann; Fotos: Stephan Rappo
Wenn Männer ihr Arbeitspensum reduzieren, ist es aus mit der Karriere. Tatsächlich? Unsere Reportage zeigt: Nicht nie, aber immer seltener.
Männer, die Teilzeit arbeiten, sind so rar wie Bären in Schweizer Wäldern. Und wenn mal einer auftaucht, wird er zum Problemfall, wird verjagt oder abgeschossen. Seit der bürgerliche Regierungsrat Baschi Dürr ankündigte, er wolle am Freitagmorgen jeweils bei den Kindern bleiben, nennen ihn einige Basler abschätzig «Waschi-Baschi». Selbst seine angeblich familienfreundliche sozialdemokratische Amtskollegin Eva Herzog kritisierte ihn. Herzog sagte, für dieses Amt müsse man allzeit verfügbar sein. Jetzt krebst Baschi Dürr zurück. Er sagt, er bleibe vorerst keinen fixen Halbtag daheim, sondern nur einzelne Stunden, die er abends und am Wochenende kompensiere. «Ich möchte nicht, dass man im Zusammenhang mit mir von Teilzeitarbeit redet», so Dürr.
Schade, denn vielleicht käme er gerade an seinem freien Morgen auf die klügsten Ideen. Mit dem Kind Legospielen oder an der Migros-Kasse anstehen, kann erkenntnisreicher sein als so manche Sitzung. Und es schafft Abstand und Ausgleich. Ein Fliessbandarbeiter mag im Idealfall in acht Stunden doppelt so viel leisten wie in vier. Aber für einen Regierungsrat, Manager, Künstler oder Wissenschafter geht diese Gleichung nicht auf.
Seit Anfang der Neunzigerjahre arbeitet über die Hälfte der Frauen Teilzeit, bei steigender Tendenz. Unter den Männern sind es nur gerade 14 Prozent. Je wichtiger die Position, desto weniger Männer mit Teilzeitpensen gibt es; im oberen Kader sind es fast keine. Woran liegt das? Landen sie als Teilzeitmänner tatsächlich auf dem Abstellgleis, wie mir neulich ein Kollege beim Mittagessen weismachen wollte?
60 Stunden pro Woche
Manuel ist Banker im mittleren Management. Wir kennen uns seit Ewigkeiten. Als Maturand trug er lange Haare und ein Stop-F/A-T-Shirt. Seit dem Studium an der Hochschule St. Gallen steht er auf teure Autos und Extremsport, arbeitet 60 Stunden pro Woche. Seine Frau, ebenfalls Bankerin, gleiche Lohnklasse, ist Mitte dreissig und wünscht sich ein Kind. Sie möchte die Kinderbetreuung aufteilen, auf Grosseltern, Kinderkrippe und beide Eltern.
Dazu müsste Manuel sein Pensum ein wenig reduzieren. «Würde das dein Chef erlauben?», frage ich ihn. Er: «Ja schon.» Ich: «Ja dann.» Woraufhin er seine mit Züri-Gschnätzletem beladene Gabel sinken lässt und mich mit stechenden Augen fixiert. Es folgt ein Monolog, in dem er mir darlegt, dass dies das Ende seiner Karriere wäre. Die bevorstehende Beförderung könne er vergessen, wenn er jetzt reduziere. «Ich bin ein Bauer, der im Schweisse seines Angesichts das Land bearbeitet, Korn gesät, Ungeziefer bekämpft hat – und jetzt, wo die Ernte reif ist, soll sie ein anderer einfahren? Ich muss nicht 80 Prozent arbeiten, sondern 180 Prozent.» Präsenz sei im Management das A und O, Verantwortung verpflichte und so weiter. Ob er denn Kinder wolle, möchte ich wissen. «Unbedingt!»
Unengagiert und unsolidarisch
Klar kann ich verstehen, dass mein Bekannter sich weiterentwickeln und mehr sein will als Mittelmass. Bloss, ist Teilzeitarbeit tatsächlich ein Karrierekiller? Ich stelle die Frage der Zürcher Wirtschaftsprofessorin Sybille Sachs. Sie überlegt kurz und sagt dann: «Häufig ja. Leider. Aber es kommt auf die Unternehmensleitung an.» Die Möglichkeit für Teilzeitarbeit bestehe zwar theoretisch, aber oft werde es von ganz oben nur halbherzig unterstützt. Wer reduziere, gelte als unengagiert und unsolidarisch. «Völlig zu Unrecht», wie Sybille Sachs betont. Es gebe Studien, die belegten, dass der Nutzen weit grösser sei als die Kosten.
Sie zählt die Vorteile von Teilzeitarbeit an ihren schlanken Fingern ab: Steigerung der Motivation, Effizienz und Produktivität, Reduktion der Stressbelastung und damit verbunden Senkung von Absenzen, verbessertes Unternehmensimage, Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit. «Aus rein ökonomischer Perspektive müsste jedes Unternehmen die Teilzeitarbeit so weit als nur möglich ausschöpfen», sagt Sachs.
Verlust des Weitblicks
Ihre Stimme klingt bestimmt, aber charmant, wenn sie sagt: «Das heutige Führungsmodell mit einem einzigen Selbstdarsteller an der Spitze, der nur den Shareholdervalue maximiert, ist nicht zukunftsfähig. Leute, die vor lauter Arbeit kein Privatleben mehr haben, verlieren den Weitblick.» Das gelte nicht nur für Familienväter mit kleinen Kindern. Auch Männer, die sich um kranke Angehörige kümmern möchten, kurz vor der Pensionierung stehen oder eine Weiterbildung machen, sollten die Möglichkeit auf Teilzeitarbeit haben.
Am Sonntag kommt Richard zu Besuch. Ich kenne keinen Mann, der so sehr in Babys vernarrt ist wie er. Schon bevor seine Tochter auf der Welt war, hat er ständig Neugeborene rumgetragen und wurde alle paar Wochen gefragt, ob er Götti werden wolle. Richard ist aber auch ein Karrieremensch, ein ehrgeiziger Architekt, der während des Studiums regelmässig im Schlafsack auf dem Fussboden der ETH übernachtete, danach nach Amsterdam zog, um Tag und Nacht in einem Architekturbüro zu schuften, bevor er in einem renommierten Zürcher Unternehmen eine leitende Stellung antrat.
Pensum auf 80 Prozent reduziert
In vielerlei Hinsicht könnte man ihn als wertkonservativ bezeichnen. Er denkt und handelt ökonomisch, trägt eine zeitlose Uhr, kauft bei Manufactum ein. In der Kinderbetreuung hingegen ist er fortschrittlicher als die meisten Männer in meinem Umfeld. Noch bevor sein Töchterchen auf der Welt war, hat er sein Pensum auf 80 Prozent reduziert. Sein Chef tobte: «Glaubst du, wir sind hier im Streichelzoo?» Er habe Grosses mit ihm vorgehabt, doch nun ende sein Aufstieg.
Tochter Meret drückt ihrem Papa eine Flöte in die Hand, er spielt die ersten Takte eines klassischen Stücks und sagt: «Alles heisse Luft.» Er habe weiterhin spannende Aufträge bekommen, und bei der Arbeit habe sich im Grunde genommen nichts verändert, ausser dass er am Freitag nicht mehr da war. Trotzdem schaute er sich nach einer neuen Stelle um. Ein Job, der ihn interessierte, war als Vollzeitstelle ausgeschrieben wie alle Kaderpositionen im Architekturbusiness. Richard hat sich dennoch beworben. Er wagte, was sich viele Männer nicht trauen, und machte bereits beim ersten Bewerbungsgespräch eine Viertagewoche zur Bedingung.
Nach kurzem Zögern sei der Arbeitgeber darauf eingegangen. Richard hat zwar einen fixen freien Tag für Tochter Meret, aber wenn eine wichtige Sitzung ansteht, bringt er sie auch mal zu den Grosseltern, oder er bleibt abends länger im Büro. Er arbeitet engagiert und motiviert, doch er opfert sich nicht mehr auf: «Früher beantwortete ich immer sofort alle Mails. Mit der Zeit habe ich gemerkt, dass sich die meisten von selber erledigen, wenn man sie einen Tag liegen lässt.»
Effizienter und gelassener dank Teilzeit-Job
Er sei heute effizienter, selbstsicherer und gelassener. «Neulich, ich war gerade dabei, Meret zu wickeln, ruft mich ein Bauherr auf dem Handy an. Zetermordio, es würden auf der Baustelle massive Fehler begangen, ich müsse sofort kommen.» Richard hat konzentriert nachgefragt, was denn das Problem sei, und dann entschieden, das könne bis Montag warten. So war es auch: «Die angebliche Katastrophe ist übers Wochenende zur Bagatelle geschrumpft.»
Damit der Stein ins Rollen kommt, braucht es unerschrockene Männer wie Richard, die sich trauen, die unbeliebte Forderung nach Teilzeitjobs zu stellen. An seinem früheren Arbeitsplatz verlangte nach ihm ein Kollege nach dem anderen einen Kindertag. Einer habe aber mittlerweile wieder aufgestockt. «Man bot ihm eine Stelle in der Geschäftsleitung an – mit der Bedingung, dass er wieder Vollzeit arbeitet.»
Ist es tatsächlich so, dass Teilzeit nur bis zu einer gewissen Hierarchiestufe realisierbar ist? Oft liegt die Schwelle irgendwo zwischen mittlerem und oberem Kader, manchmal auch schon tiefer. Der Beweis, dass selbst ein CEO Teilzeit arbeiten kann, findet sich in einem Kanton, der nicht unbedingt als progressiv gilt. Drei Tage nach dem Treffen mit Richard fahre ich mit dem Regionalzug durchs Appenzellerland. Zwischen Riegelhäusern und kleinen Lagerhallen würde man nicht unbedingt einen Teilzeitchef vermuten. Doch manchmal leben die fortschrittlichsten Leute in Orten wie Herisau.
Teilzeit als CEO
Daniel Zellweger ist CEO und arbeitet 80 Prozent, obwohl die gängige Meinung ist, das gehe nicht. Er sagt: «Der Junior entwickelt sich prächtig. Die Firma ebenso.» Als Geschäftsführer und Inhaber des Industrieunternehmen Rico hat er vierzig Angestellte und bleibt jeden Mittwoch daheim bei Sohn Lino. Ich darf ihn in seinem KMU in Herisau treffen – unter einer Bedingung: Ehefrau Bea Costa ist ebenfalls beim Gespräch dabei.
In einem E-Mail schreibt Zellweger, sie würden beide vier Tage pro Woche arbeiten, nur werde er ringsum als Held wahrgenommen, sie hingegen als Rabenmutter. «Damit haben wir Mühe.» Daniel Zellweger trägt Massanzug und Krawatte, Bea Costa Blazer und T-Shirt. Sie wollte ihre Karriere als Psychotherapeutin, Lehrbeauftragte und Verwaltungsrätin mit der Geburt von Lino nicht aufgeben. Aber das Kind vollständig fremdbetreuen lassen mochte sie ebenso wenig. «Ich erwartete Widerstand und nächtelange Diskussionen mit meinem Mann. Doch wir waren uns von Beginn weg einig: Wir werden beide einen Tag daheimbleiben.»
Es ist nicht so, dass Daniel Zellweger seine Firma nun im Kinderwagentempo vor sich herschiebt. Er gibt Vollgas, sein Unternehmen wächst, produziert für den Weltmarkt und schreibt trotz Wirtschaftskrise und starkem Franken schwarze Zahlen. Wie geht das? Daniel Zellweger sagt: «Es ist eine Frage des Willens, der Organisation und des Vertrauens.» Während sich andere Führungskräfte mit ihrer Unersetzbarkeit und ihren 80-Stunden-Wochen brüsten, erzählt er, dass er mit seiner Familie vier Wochen in den Ferien war. In dieser Zeit hat er kein einziges Mal seine Mails angeschaut und nur dreimal telefoniert. «Klar könnte ich meinen Beruf nicht im 40-Prozent-Pensum machen. Es gibt Aufgaben, die kann man unmöglich delegieren. Aber wer gute Leute hat, sollte ihnen auch wichtige Entscheidungen zutrauen.»
Alle dürfen das Pensum reduzieren
Seit Daniel Zellweger die Firma vor sieben Jahren übernommen hat, darf jeder Mitarbeiter und jede Mitarbeiterin teilzeit arbeiten. Momentan ist das ein Viertel der Belegschaft. Dahinter stünden nicht nur soziale, sondern auch wirtschaftliche Überlegungen. Er macht ein Beispiel: «Möchte ein junger Ingenieur reduzieren, müssen wir zwar seine Aufgaben neu verteilen, aber die Chancen stehen gut, dass er längerfristig in der Firma bleibt: weil es ihm gut geht – und weil er an einem anderen Ort als Ingenieur nicht im Teilzeitpensum einsteigen kann. Er ist loyal; wenns brennt, steht er am Samstagmorgen in der Produktionshalle. Dafür gebe ich ihm kurzfristig frei, wenn sein Baby die ganze Nacht kein Auge zugetan hat.»
Was Daniel Zellweger erklärt, klingt einleuchtend. Letztlich profitieren beide Seiten vom flexiblen Arbeitsmodell. Hoch qualifizierte Arbeitskräfte sind Mangelware. Wer seine Leute behalten will, anstatt mühsam neue im Ausland zu suchen, muss ihnen mehr bieten als einen fetten Bonus. Laut einer Umfrage der Unternehmensberatung Brain & Company interessieren sich 78 Prozent der männlichen Spitzenkräfte (und 94 Prozent der weiblichen) für die Möglichkeit, flexibel zu arbeiten. Bloss, ihre Vorgesetzten gehen (noch) kaum auf dieses Bedürfnis ein. Für Frauen, die Teilzeit arbeiten wollen, haben sie noch eher Verständnis. Eine aktuelle Studie kommt zum frappanten Schluss, dass diese mehr verdienen als ihre männlichen Kollegen, die ebenfalls ihr Pensum kürzten.
Abgelehnt in 2 Minuten
Adrian gehört zu den Männern, die wollen, aber nicht dürfen. Er ist ein Freund eines Freunds, Investmentbanker in Zürich, und ich treffe ihn in seiner Mittagspause, als er laut überlegt, ob das Menü zwei allzu riskant sei. Er schaffe es selten, Spaghetti al pomodoro zu essen, ohne sein weisses Hemd mit Tomatensauce zu ruinieren. Für seine beiden Töchter geht Adrian ohne zu zögern Wagnisse ein. Das letzte ging «voll daneben», wie er sagt. Er hat seinen Chef gefragt, ob er reduzieren dürfe. Weil er sich wenig Chancen ausrechnete, bat er bloss um eine Reduktion auf 95 Prozent. Damit hätte er wenigstens ein paar Ferientage mehr, um die ältere Tochter am ersten Kindergartentag zu begleiten und die jüngere beim Impfen im Arm zu halten.
Obwohl die Personalchefin hinter Adrians Anliegen stand und obwohl die Bank in ihrem Firmenporträt schreibt, dass sie Teilzeitmodelle und flexible Arbeitszeiten anbiete, bekam er eine Absage. Er zeigt mir auf dem Blackberry Fotos seiner blonden Töchter beim Schlitteln und sagt: «Ich bin verdammt frustriert.» Das Gespräch mit den beiden Vorgesetzten habe knapp zwei Minuten gedauert. Sie hätten drei Gründe aufgezählt: Erstens wäre er mit 95 Prozent zu wenig präsent, verliere so den Kundenkontakt und das Gespür für die Aktienmärkte. Zweitens sei der organisatorische Aufwand zu gross. Drittens hätten sie selbst trotz Familie auch nie reduziert.
«Ich kriege null Wertschätzung mehr»
Seither haben die Vorgesetzten Adrian abgeschrieben. «Ich kriege null Wertschätzung mehr», sagt er und zieht seine Jacke übers nach wie vor weisse Hemd. Er ist auf der Suche nach einer neuen Stelle. Schon seltsam: Wenn ein Mann sein Pensum wegen eines MBA oder einer anderen Weiterbildung reduziert, gibt das der Karriere zusätzlichen Schub. Reduziert er, weil er auch als Vater eine wichtige Position einnehmen will, wird er ausgebremst. Früher tauchte der Chef wochenlang im Militärdienst unter, heute hat er einen Lehrauftrag an der Uni, sitzt in Verwaltungsräten oder im Vorstand eines Verbands. Lunchen mit dem Rotary-Club? Wichtig fürs Netzwerk! Mittagessen mit den Kids? Zeitverschwendung!
Geri Aebi, CEO des Kommunikationsunternehmens Wirz-Gruppe, sagte im Schweizer Fernsehen, wenn er die Wahl zwischen zwei gleich qualifizierten Männern hätte, von denen der eine 100 Prozent arbeiten wolle und der andere 80, so würde er sich selbstverständlich für Ersteren entscheiden. Trotzdem gibt es, neben Daniel Zellwegers Sicherheitsunternehmen, weitere Firmen, in denen die Chefs Teilzeitarbeit fördern und vorleben.
Bei Transa, einem Unternehmen für Outdoorzubehör, arbeiten 53 Prozent der Männer Teilzeit. Peter Lustenberger, CEO der Landmaschinenfirma Rapid Holding, erfüllt seine Aufgaben im 60-Prozent-Pensum. Sogar FDP-Präsident Philipp Müller sagt, Teilzeitarbeit für Männer sei eine wirtschaftliche Notwendigkeit. Auch ein paar Grossunternehmen haben den Wert von flexiblen Arbeitspensen erkannt. Bei der Raiffeisen-Bank arbeiten 17 Prozent des unteren und mittleren Kaders Teilzeit, im Topkader sind es 9 Prozent. Die Versicherungsgesellschaft Axa Winterthur hat eine Stelle für Vereinbarkeit von Familie und Beruf geschaffen, wodurch sich der Anteil Teilzeitmänner in vier Jahren um fast vierzig Prozent erhöht hat. In der Geschäftsleitung von Axa Winterthur arbeitet zwar niemand Teilzeit, aber bereits die Aussage, dass dies «möglich wäre», ist ein Indiz dafür, dass es dem Versicherungskonzern mit Top-Teilzeitstellen ernst sein könnte.
Langsamer Fortschritt
Es bewegt sich also etwas, wenn auch nur langsam. Bei Novartis Schweiz heisst es ebenfalls, man wolle flexible Arbeitsformen unabhängig von der Hierarchiestufe und vom Geschlecht fördern. Der Pharmariese mit seinen hierzulande 13 500 Angestellten hat den Ruf eines fortschrittlichen Arbeitgebers. Trotzdem sind im mittleren bis höheren Kader nur 13 Männer Teilzeit angestellt. Einen dieser Exoten treffe ich auf dem Novartis-Campus in Basel. Boris Breddermann empfängt mich im Besucherzentrum zwischen weissem Marmor und Arvenholz. Zu uns setzen sich drei Frauen der HR- und PR-Abteilung. Das Thema «Diversity and Inclusion» sei ihnen ein grosses Anliegen.
Boris Breddermann hat bereits vor knapp zehn Jahren reduziert, damals war sein Sohn ein halbes Jahr alt. Er musste nicht kämpfen: «Es ging ganz leicht», sagt der Manager nüchtern. Er macht kein grosses Tamtam um seine Teilzeitstelle. In der IT-Abteilung, wo er damals noch arbeitete, war er mit seinem Anliegen der Einzige. Er zuckt mit den Schultern. Er wisse auch nicht, weshalb seine Kollegen es ihm nicht gleichtaten. «Ich hörte oft, toll, ich möchte das auch. Aber vermutlich wollen viele doch nicht wirklich.» Boris Breddermann rückte ins mittlere Kader auf, übernahm stets neue Aufgaben und arbeitet heute als Projektmanager. Wäre seine Karriere mit einem Vollzeitpensum noch steiler verlaufen? Er hält inne, dreht am Brillanten in seinem Ohr und sagt: «Nein.» Teilzeitarbeit muss also keine Karrierebremse sein – weder im Grossunternehmen noch im KMU.
Aber: Man muss halt wollen, wie Boris Breddermann sagt. Selbst die weit verbreitete Meinung, dass Teilzeiter jedes Wochenende und sobald die Kinder im Bett sind arbeiten müssen, damit die Berge von Arbeit bewältigt werden können, kann er widerlegen. Trotz seiner Position macht er kaum Überstunden. Das ginge schon rein organisatorisch nicht, sagt er, denn er sei heute alleinerziehend. Sein Sohn ist mittlerweile elf Jahre alt, die beiden sind häufig unterwegs: Schwimmbad, Eisbahn, Europapark. Kürzlich haben sie zusammen ein Baumhaus gebaut. «Du hast aber ein schönes Leben», sagte ein Kollege spöttisch. «Ja», antwortete Boris Breddermann. Und meinte es so.
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Bei Daniel Zellweger, Chef der Sicherheitstechnikfirma Rico, ist der Mittwoch Kindertag. «Der Junior entwickelt sich prächtig», sagt er, «das Unternehmen ebenso»