Mondkolumne
Neumond in der Jungfrau: Willkommen in den Wochen der unerwarteten Wendungen
- Text: Alexandra Kruse
- Bild: Unsplash
Der Neumond in der Jungfrau leitet die Zeit der Finsternisse ein, die alles, was jetzt noch nicht auf dem Kopf steht, auf den Kopf stellen dürfte, schreibt unsere Astro-Fee Alexandra Kruse. Was uns sonst noch so erwarten könnte, lest ihr hier.
Die Jungfrau-Energie liebt es, Klarheit, Struktur und Ordnung in Systeme zu bringen und ist ein Erdzeichen, das für Präzision und praktisches Denken steht. Nur, dass wir lernen dürfen, was genau Ordnung für uns bedeutet – vor allem in einer Welt, die sich gerade eher radikal neu ordnet. Dieser strukturgebende Neumond steht gegenüber zu Saturn, dem Planeten, der regelt. Zeit, Karma. Und in einem Quadrat zu Jupiter, dem, der uns Fülle und Erfüllung bringt.
Diese Mischung ist ein spicy Cocktail aus Wollen, Können, Müssen und irgendwie auch Gezwungenwerden, die Dinge, die einfach nicht geil sind, anzuschauen. Und auszusprechen. Vielleicht sogar zu rappen.
Es gibt Tage unter der Jungfrau-Sonne, die sind grösser als andere. Der letzte Samstag war so einer. Ich wurde aus einem meiner legendären Bill-Kaulitz-Träumen wach – er hatte darin schlechte Laune wegen eines Outfits, nachvollziehbar. Bill ist mein forever Spirit Animal. Und schlechte Laune gerade in diesen Tagen ultimatives Menschenrecht, auch in Träumen. Ich wurde also wach, nur um festzustellen, dass er tatsächlich in Zürich ist.
Im Mandarin Oriental am Paradeplatz, wo sonst. Und gerade Geburtstag hat! Ich brachte ihm, wie es sich gehört, ein anständiges Geschenk in einer orangen Hermès-Schachtel, das vermutlich in den Fängen seiner stabilen Security gelandet ist, aber egal. (O-Ton-Kind: «Mama, du weisst, wie es mit Geschenken ist – sie finden ihren Weg! Es ist ohne Frage etwas Gutes zu tun!»)
Jungfrau: Das am meisten missverstandene Zeichen
Die Kaulitz-Brüder sind die besten Beispiele dafür, dass man sich immer und immer wieder neu erfinden kann: Ausser Millionen von Teenagern fand keiner Tokio Hotel gut, jetzt reden selbst gestandene Gallerist:innen gerne über ihren Podcast «Senf aus Hollywood» und ihre Netflix-Show ist ein internationaler Erfolg. Die beiden sind und bleiben lebende Legenden und Botschafter einer Zeit, in der alles möglich ist. Und dreifache Jungfrauen. Jungfrau-Prototypen sozusagen.
Mehr Jungfrau geht also auch nicht. Womit übrigens vieles, was man immer über das Jungfrau-Dasein dachte, revidiert werden darf. Und muss. Zum Beispiel, dass Jungfrauen dröge bis prüde sind. Jungfrauen sind (neben Skorpion) die am meisten missverstandenen Zeichen des Tierkreises. Jungfrauen geht es immer um Ganzheit und um Heilung aller Systeme – egal, wo der Fehler steckt, die Jungfrau findet ihn. Und das ist gut so!
Der Tag ging legendär weiter. Ich nahm in bester Begleitung ganze 13 Podcast-Episoden auf (nicht ohne mein Imposter-Syndrom zu überwinden – denn jedes Mal, wenn es einen entschiedenen Schritt weitergeht, wird die innere «DU KANNST DAS NICHT!»-Stimme so laut, dass ich meine eigenen Stimme kaum hören kann). Mit hängenden Ohren ging ich anschliessend nach Hause, um meinen Sohn zu fragen, ob er Lust hat, den wohl berühmtesten Popstar der ersten Liga des Deutschraps zu treffen. Das Kind, das seiner altersgemässen Entwicklung entsprechend nie Lust hat, irgendwas zu unternehmen, stand anstandslos auf.
Eine halbe Stunde später standen wir im Flagship-Store des Brillenlabels Viu, das eine Kooperation mit Sido hat, die sich auf magische Weise ergeben hat. Nämlich weil Paul Würdig (sein richtiger Name), der seit Jahren Viu-Brillen trägt, ALL seine Brillen verloren hat. Beim Umzug. Wir begegneten einem sehr aufgeräumten, nüchternen Menschen, der für jeden Fan ein gutes Wort, ein Autogramm und eine Pose hatte. Vollkommen ungerührt, bei sich und in seinem Element. Mädchen weinten vor Aufregung, die Laune war gut, die Sicht klar.
Dieser Mond bringt eine tiefere Seite zum Vorschein
Das letzte Mal, als ich Sido traf, muss zu besten Aggro-Berlin-Zeiten in den 2000ern gewesen sein. Ich hatte die Ehre, die weiblichen Darstellerinnen eines seiner Musikvideo anzuziehen. Wobei ausziehen es eher trifft. Die Damen hatten Grössen, von denen ich vorher nie gehört hatte. Brav kaufte ich einen halben Sexshop leer und lernte an diesem Tag viel über Emanzipation und weibliche Körper. Ich habe den Tag in diesem Charlottenburger Hotel nie vergessen. Und auch nicht wie freundlich, bestimmt und high Sido damals war. Jetzt kommt das Beste: Sido hat auch den Mond in der Jungfrau (und Schütze Sonne!).
Hinter seinem provokanten Image und den harten Texten steckt ein Künstler, der mit einer erstaunlichen Detailverliebtheit und Präzision arbeitet – Eigenschaften, die man mit einem Mond in der Jungfrau eben hat. Dieser Mond in der Jungfrau verleiht Sido eine fast schon chirurgische Genauigkeit, wenn es darum geht, seine Musik und seine Projekte zu gestalten. Hier wird nichts dem Zufall überlassen – jeder Beat, jeder Text sitzt perfekt, weil Sido nicht weniger als Perfektion akzeptiert. Man könnte sagen, dass sein innerer Jungfrau-Mond der unsichtbare Produzent hinter jedem seiner Hits ist. Hinter der Gangsterrap-Fassade verbirgt sich jemand, der die Dinge bis ins kleinste Detail durchdenkt und dabei hohe Sensibilität zeigt. Dieser Mond bringt eine tiefere Seite zum Vorschein – eine Seite, die sicherstellt, dass alles in geordneten Bahnen verläuft. So.
Ordnende, strukturierte Kräfte
Überraschung, dasselbe gilt für die Kaulitz-Brüder. Und genau so muss es sein. Wir brauchen ordnende, strukturierten Kräfte. Menschen, die uns durch ihre blosse Existenz zeigen, dass es auch anders geht. Authentisch. Kräfte, die uns helfen, immer wieder aus unserem eigenen Chaos auszusteigen, aus dem, was wir (auch über andere) zu sein denken. Menschen, die viel Jungfrau in sich tragen, haben eine besondere Mission hier auf Erden: Sie wollen, dass die Dinge anders und besser werden – auch wenn sie auf dem Weg dorthin manchmal über ihre eigene Füsse straucheln.
Und dafür sind diese Tage jetzt fantastisch geeignet. Der Sido-Kaulitz-Mond markiert den Beginn der Zeit der Finsternisse, die alles, was jetzt noch nicht auf dem Kopf steht, auf den Kopf stellen dürfte. Willkommen in den Wochen der unerwarteten Wendungen. Meine Wendung kam, als ich aus der Strassenbahn auf dem Heimweg in einen Dayrave mit meiner Nachbarin geriet. Vor unserem Supermarkt. Aber das ist eine andere Geschichte. Für einen anderen Mond.
Der Song zur Mondphase:
Die To-dos von diesem Neumond
1.
1.
Die Welt durch eine rosa Brille sehen. Ja, es sind Zeiten den Wandels, Ja, Dinge ändern sich und ja, das ist nicht einfach. Aber dahinter steht eine neue Welt.
2.
2.
Aufräumen, ausräumen – hingucken. Get shit done. Genau sein. Nichts durchgehen lassen. Grenzen setzen. Schritt für Schritt planen.
3.
3.
Nicht wundern, wenn es im Bauch grummelt. Jungfrau regiert unsere Verdauungsorgane.
4.
4.
Nochmal richtig klarkommen und hinschauen. Klare, konkrete Zeilen formulieren. So präzise es geht. Nicht aus Versehen und Verpeiltheit irgendwas manifestieren, das man dann nicht umtauschen kann. Sorgfalt!